"Der Dengler" (1910): zweifelhafte Provenienz.

Foto: Leopold Museum

Wien - Am 20. Oktober 2000 veröffentlichte der Standard unter dem Titel Entjudungsangelegenheit erledigt seine Recherche über den Fall Moric Pick: Es stand der Verdacht im Raum, dass dem Wiener Salamifabrikanten, 1945 im KZ Bergen-Belsen getötet, einst das Bild Der Sensendengler von Albin Egger-Lienz gehörte, welches sich nun in der Innehabung der Stiftung Leopold befindet.

In der Folge klagte Vera Gara, die Tochter von Moric Pick, die Stiftung um Herausgabe des Bildes. Im Mai 2001 sagte der Augenarzt Rudolf Leopold, der einen Dengler gutgläubig erworben haben will, im Justizpalast aus. Er erzählte, wie der Standard berichtete, dass ihm im Herbst 1963 ein Buch- und Kunsthändler namens Gottfried Österreicher telefonisch ein Egger-Lienz-Bild angeboten hätte. Mit seiner Frau Elisabeth habe er diesen in Krems besucht; das Geld - mehrere hunderttausend Schilling - nahm er bar mit. Im Geschäftsraum, der Teil der Wohnung gewesen sein dürfte, wären keine weiteren Bilder zu erkennen gewesen. Es sei zwar eine Kaufvereinbarung unterzeichnet worden, diese wäre aber nicht mehr auffindbar.

Die Frage, woher der Händler den Dengler habe, sei damals nicht erörtert worden. Ein Jude als Vorbesitzer sei jedenfalls auszuschließen gewesen. Denn ihm, so Rudolf Leopold, sei kein jüdischer Sammler von Werken des Osttiroler Malers bekannt gewesen: "Egger-Lienz hat nicht dem durchschnittlichen Geschmack von jüdischen Sammlern entsprochen."

der Standard widerlegte mit der Recherche Das Gieren nach Albin Egger-Lienz (20. Oktober 2001) Leopolds Behauptung: Er zählte zahlreiche jüdische Egger-Lienz-Sammler auf. Das Gericht aber glaubte Leopold - und ging nicht einmal der Frage nach, wer Gottfried Österreicher war: Die Stiftung gewann im April 2002 den Prozess.

Im Juni 2008 lüftete das Nachrichtenmagazin profil die Identität des dubiosen Kunsthändlers: Gottfried Österreicher, bereits 1922 als "Illegaler" der NSDAP beigetreten, war ab 1932 SA-Mitglied und nach dem "Anschluss" Österreichs 1938 als Kreispropagandaleiter in Krems tätig. Sein höchster Dienstgrad: SA-Obersturmführer. 1946 wurde er wegen Verstoßes gegen das Verbotsgesetz und Hochverrat zu zwei Jahren Haft verurteilt.

Die Kanadierin Vera Gara will daher noch diese Woche eine Wiederaufnahmeklage gegen die Stiftung Leopold einbringen. (Thomas Trenkler, DER STANDARD - Printausgabe, 21.07.2008)