Wien - Seit 2003 müssen die Gebietskrankenkassen allein für Zinsen bis Jahresende 2008 rund 100 Mio. Euro ausgeben. Das haben die Grünen aus Anfragen an das Sozial- und Gesundheitsministerium errechnet. Wie Sozialsprecher Karl Öllinger bei einer Pressekonferenz am Dienstag erklärte, fordern die Grünen einen Sondernationalrat im Sommer, bei dem eine kurzfristige Kassensanierung beschlossen werden soll.

"Verschleudert"

Von 2003 bis 2007 waren laut den Daten, die den Grünen vorliegen, 78,2 Mio. Euro zur Zinsbedienung aller Gebietskrankenkassen angefallen. Für heuer rechnete Öllinger allein bei der Wiener Kasse mit Zinsaufwendungen in Höhe von 22 Mio. Euro, woraus sich für die Grünen die Summe 100 Mio. Euro ergibt. Öllinger sprach von einer "Verschleuderung" und "Bankenfinanzierung aus Versicherungsbeiträgen".

Die Sondersitzung des Nationalrates solle die SPÖ einberufen, forderte Öllinger. Die Grünen haben einen fertigen Initiativeintrag eingebracht, der aus jenen Teilen der gescheiterten Gesundheitsreform besteht, die eine kurzfristige Sanierung vorsehen. Eine Reform nach den Wahlen noch im Herbst ist für Öllinger unwahrscheinlich, da bis dorthin höchstens Koalitionsverhandlungen geführt würden. Der Wiener Gebietskrankenkasse drohe im schlechtesten Fall aber schon bis zum Jahresende die Insolvenz "oder ein Zustand, der für die Patienten ebenso unerfreulich ist, nämlich, dass sie die Arztrechnungen vorfinanzieren müssen". Öllinger sieht einen "drohenden Notstand in der öffentlichen Gesundheitsversorgung".

Beitragserhöhungen "nicht notwendig"

Sollten die Grünen sich nach der Wahl in der einen oder anderen Koalitionsform wiederfinden, will Öllinger zur Kassensanierung nicht über eine Beitragserhöhung nachdenken. "Ich sehe nicht die Notwendigkeit, derzeit über Beitragserhöhungen zu reden", meinte er dazu.

Kritik übte er an ÖVP-Klubchef Wolfgang Schüssel, der in der letzten Parlamentssitzung eine Splittung von Basissicherheit und darüber hinausgehenden Angeboten der Krankenversicherungen als "hochinteressant" bezeichnet hatte. "Das geht in Richtung Strache", befand Öllinger: "Mit uns sicher nicht." FP-Chef Heinz-Christian Strache hatte ein System von zwei Krankenkassen gefordert, wobei eine für Inländer und eine für Ausländer zur Anwendung kommen soll. (APA)