Wien 8 am 8. 8. 08: Während Frischvermählte samt Familie vor dem Standesamt posieren, ist im Haus hinter ihnen schon die nächste Trauung im Gange. Eine dritte Hochzeitsgesellschaft wartet bereits.

Standard/Andy Urban

Wien - "Sie hat gelacht", sagt Sascha Kerper, 20 Jahre jung, seit zehn Monaten Vater und seit wenigen Augenblicken verheiratet. Sie ist Selina, die Tochter des schlanken Bräutigams im grauen Anzug. Er trägt das Baby gerade auf seinem Arm über die Schwelle des Standesamts "Innere Stadt" am Schlesingerplatz im 8. Bezirk. "Dass sie gelacht hat, bringt Glück", antwortet Saschas Schwiegervater. Auf Glück legt Saschas Braut Natalie besonderen Wert. Und weil sie meint, dass drei Achter dem Glück ein bisschen nachhelfen, reservierte die 20-Jährige am erstmöglichen Tag vor einem halben Jahr eine Ehezeremonie für den 8. 8. 2008.

Wie Sascha und Natalie hatten 139 andere Paare in Wien den vergangenen Freitag zum Heiraten erwählt. So kam es zu mehr als doppelt so vielen Eheschließungen wie an einem durchschnittlichen Freitag zwischen Mai und September. 33 der Paare entschieden sich für eine so genannte Traumhochzeit, eine Trauung außerhalb des Standesamts, beispielsweise beim Schloss Schönbrunn oder im Riesenrad.

Trauen im 20-Minuten-Takt

Für die Standesbeamten bedeutete der Heiratsboom: trauen im 20-Minuten-Takt. Standesbeamter Thomas Hie sprach von einem "extremen Tag". "Trotzdem müssen es Feiern mit Gefühl sein und kein Runtertrommeln", sagte Hie. Er meint, dass sich besondere Hochzeitsdaten seit dem 9. 9. 1999 wachsender Beliebtheit erfreuten. Am Gang hat er ein selbstgereimtes Gedicht aufgehängt, in dem er bei allen, die am Freitag das Standesamt nicht wegen einer Hochzeit aufsuchten, um Verständnis wegen langer Wartezeiten bat.

Dass aus den Fenstern des Trausaals Klatschen ertönt, während die nächste Hochzeitsgesellschaft auf ihren Einlass wartet und die zuvor Vermählten am Brunnen vor dem Standesamt noch Fotos machen, gehört an solchen Tagen dazu.

Maria Theresa Luis, in einem Kleid in Grün, wie die Hoffnung, macht der Rummel nichts aus. Auch sie glaubt an die Magie der Zahlen: "Die Zahl acht soll Glück bringen - zumindest in China." Die 25-Jährige und ihr Bräutigam Ian seien zwar nicht aus China, sondern philippinischstämmig, aber schaden könne das trotzdem nicht.

Acht steht für "reich werden"

In China haben die drei Achter tatsächlich einen Heirats- (und einen Kaiserschnitte-)Boom ausgelöst: Allein in Peking sollen rund 16.400 Eheschließungen geplant gewesen sein. Das sind viermal so viele wie zum selben Datum im Vorjahr. Die chinesische Zahl acht klingt so ähnlich wie der Ausdruck für "reich werden". In China hatten viele Menschen daher am 8. August nicht nur mit der Eröffnung der Olympischen Spiele alle Hände voll zu tun.

In ganz Österreich sorgte die Triple-Acht am Kalenderblatt für Rekordmeldungen aus den Standesämtern: Vielerorts waren sie komplett ausgebucht, mehrere Städte, beispielsweise Villach, verzeichneten Rekordzahlen. Im kommenden Jahr wird ein ähnlicher Hochzeitshype für den 9. 9. 2009 erwartet. Wiens zuständige Stadträtin Sandra Frauenberger (SP) meinte, sie wünsche sich für dieses Datum erste Traumhochzeiten für gleichgeschlechtliche Paare. Der 9. 9. wäre auch aus chinesischer Sicht ein besonders heißer Tipp fürs Heiraten: In China steht die Zahl neun für Vollendung und Dauer.

Von Dauer haben Rosa und Josef Stockinger viel Ahnung: Auch zu ihrer Eheschließung kam am 8. 8. 2008 eine Presseaussendung. Die beiden Wiener Neustädter wurden geehrt, weil sie vor wenigen Tagen ihre Gnadenhochzeit, also 70 Jahre Ehe, zu feiern hatten. Drei Achter im Heiratsdatum haben sie keine aufzuweisen. (Gudrun Springer/DER STANDARD, Printausgabe, 9./10.8.2008)