Für das junge Glück kann man nur hoffen, dass ihm eine längere Dauer beschieden sei als der großherzigen Nachricht in der U-Bahnstation.

Standard/David

Ein Gutteil der Masse, die sich tagtäglich durch Wien bewegt, kann leicht mit zwei Wörtern beschrieben werden: ang'fressene G'frieser. Das Gleich-Dreinschau'n macht die Einzelnen in der Menge anonym; Emotionen werden so gut wie nie gezeigt, wer laut lacht, fällt (für die meisten unangenehm) auf.
Manchmal aber, ganz selten, aber doch, geht es nimmer anders - da muss jemand etwas in die Welt hinausschreien. Allerdings hat dieses Lautwerden einen Nachteil: Es ist nur von kurzer Dauer. Es sei denn, man greift zu Farbe und Pinsel und setzt den Ruf optisch um.
Wie jener Unbekannte, dem es in der U4-Station Schottenring gelungen war, auf einer Wand seinen Gefühlen in einem geradezu bombastischen Liebesbrief Ausdruck zu verleihen.

Was mit „Mein Stern!" begann, endete hoffnungsvoll mit: „Deshalb frage ich dich, ob du meine Freundin sein willst." Und der Rufer wurde erhört: Bei der Antwortauswahl wurde das „Ja" angekreuzt.
Für das junge Glück kann man nur hoffen, dass ihm eine längere Dauer beschieden sei als der großherzigen Nachricht in der U-Bahnstation. Denn die war diesen Freitag bereits wieder übermalt. Es habe sich um keine bestellte oder offizielle Aktion gehandelt, heißt es vonseiten der Wiener Linien. (Roman David-Freihs/DER STANDARD, Printausgabe, 9./10.8.2008)