Salzburg - Für einen Schriftsteller mit den kreativen Skrupeln eines Dimitré Dinev ist es ein geradezu masochistischer Auslieferungsakt, wirft er sich zwischen den Prosa-Giganten Dostojewski und die unerbittliche Regisseurin Andrea Breth.

Der bulgarische Autor hätte wissen müssen, was ihm bei der Bühnenadaptierung von Verbrechen und Strafe unter der Aufsicht Breths blühen musste. Schon nach einigen Blättern Arbeitsmaterial liefen über kalmierende Vermittler die Handys heiß, wie Dinev Salzburgs Schauspielleiter Thomas Oberender erzählte.

Theaterpragmatiker verstünden wenig von dichterischen Produktionsweisen und von den Ängsten, die ein Literat dieses Formats bei einem nachschöpferischen Kollegen auslöst.

Bei Dostojewski habe man a priori verloren, jede Vereinnahmung des Originals sei letztlich Betrügerei. Das Ergebnis dieser Schraubstock-Situation zwischen Dostojewski, dem poetischen Ich Dinevs und Breth sind die Festspiel-Aufführung ohne Dinev-Anteil und zwei Arbeitsfassungen des Dichters, von denen die eigenständigere vielleicht anderswo realisiert wird. Das Gesprächsdoppel am Sonntag geriet zum Passionsmonolog eines hinausgeworfenen Poeten. Dinev, der bis in die feinsten Verästelungen des Romans vorgedrungen ist, weiß, was bei Verschiebungen in andere Medien auf der Strecke bleibt, so feinfühlig auch transformiert wird.

Dinev hat das eigene Werk Nach dem Regen kreiert und darf sich einreihen in die lange Liste von besonders im Kino erfolgreichen Dostojewski-Motiv-Verarbeitern. Der Abend wurde zu einer Anschauungslektion über Bressons im Hintergrund flimmernden Pickpocket. Dieses Trostpflaster für einen schubladisierten Text ist für eine Würdigung eines "Dichters zu Gast" dürftig. (gugg, DER STANDARD/Printausgabe, 12.08.2008)