Rüdiger Maresch, Umweltsprecher der Wiener Grünen, und Roman Stiftner, Umweltsprecher der ÖVP Wien, gönnen sich ein Glas Donaukanalwasser.

Foto: derStandard.at/Beganovic

Maresch und Stiftner brachten einen Krug Donaukanalwasser zur Pressekonferenz mit. Trinkwasserqualität? Nicht wirklich.

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"Wenn die Stadt Wien eines ist, dann Weltmeisterin in Augenauswischerei und Propaganda." Solche und ähnliche harte Worte ließen Rüdiger Maresch, Umweltsprecher der Wiener Grünen und Roman Stiftner, Umweltsprecher der ÖVP Wien bei einer Pressekonferenz am Mittwoch fallen.

Anlass für die scharfe Kritik ist die brisante Analyse des Donaukanal-Wassers, in dem krebserregende Substanzen - so genannte heterozyklische aromatische Amine (HAAs) - gefunden worden sind. Der Umwelttoxikologe Siegfried Knasmüller wandte sich bereits 2007 mit Ergebnissen an den Wiener Bürgermeister Michael Häupl.

Nun werfen Grüne und ÖVP der Stadt Wien vor, monatelang nicht auf die besorgniserregenden Befunde reagiert und die Öffentlichkeit nicht darüber informiert zu haben. "Sowohl der Wiener Bürgermeister als auch Wiens Umweltstadträtin sind ihrer Verantwortung nicht nachgekommen. Obwohl das Risiko vorhanden war, wurde weder Aufklärung betrieben noch ein Badeverbot verhängt." Die Wiener SPÖ-Stadtregierung sei stattdessen zu sehr damit beschäftigt, auf Werbeplakaten allgegenwärtig zu versichern, dass in Wien "eh alles super" sei.

"Beruhigungspillen gestreut"

Maresch fordert daher eine Offenlegung der Wasser-Untersuchungsergebnisse der vergangenen zehn Jahre. "Welche Untersuchungen gab es überhaupt und wie sind deren Ergebnisse ausgefallen? Die Bevölkerung verdient Transparenz - und wenn ohnehin alles in Ordnung ist, sollte das ja kein Problem sein." Stiftner beruft sich außerdem auf den Paragraph zehn, Absatz fünf des Umweltinformationsgesetzes: dass die verantwortlichen Behörden die Bevölkerung umgehend informieren müssten, falls ein allgemeines Gesundheitsrisiko herrsche. Und dies sei hierbei nicht der Fall gewesen. Stattdessen habe die Wiener SPÖ weiter ihre "Beruhigungspillen gestreut" und die Öffentlichkeit im Unklaren gelassen.

Maresch und Stiftner vergleichen die Informationspolitik der Stadt Wien beim Donaukanal mit jener der Giftunfälle beim Liesingbach. Seit 2006 hätte es dort bereits vier Mal einen offiziellen Umweltalarm geben müssen, die Wienerinnen und Wiener hätten aber erst aus der Zeitung von den Vorfällen erfahren.

Auch die MA 45 (Magistratsabteilung für Wiener Gewässer) soll laut Maresch und Stiftner fahrlässig und verantwortungslos gehandelt haben. Auf ihrer Homepage werde dem Donaukanalwasser "Fast Trinkwasserqualität" zugesprochen, obwohl die Stadt Wien schon seit geraumer Zeit über die krebserregenden Stoffe Bescheid gewusst haben soll.

Maresch und Stiftner fordern von der Wiener SPÖ zukünftig eine zuverlässigere Informationspolitik. Außerdem beantragen Grüne und ÖVP einen Sonder-Umweltausschuss zum Donaukanal. Demonstrativ stellen sie bei der Pressekonferenz einen Krug mit Donaukanalwasser auf den Tisch. "Wenn das hier Trinkwasserqualität hat, dann laden wir den Wiener Bürgermeister Michael Häupl herzlich auf ein Glas Wasser ein", prosten sie in die Luft. (Amina Beganovic, derStandard.at, 20. August 2008)