"Dass da ohne das Wissen von Personen mit Daten gehandelt wird, und dass für Minipreise Hunderttausende, wenn nicht Millionen Datensätze verkauft werden, das geht so nicht." SPD-Chef Kurt Beck zeigte sich über den schwunghaften Handel mit Daten am Mittwoch nicht nur empört, sondern forderte auch Konsequenzen. Man müsse den Datenschutz überprüfen, aber auch strafrechtliche Bedingungen. Auch Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist alarmiert. Er plant ein Expertengespräch über die Konsequenzen jenes Datenskandals, der Deutschland gerade entsetzt.

CD mit Daten von 17.000 Personen

Ausgelöst wurde dieser von Detlef Tiegel. Der Mitarbeiter eines Call-Centers hat der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein eine CD mit Daten von 17.000 Menschen zugespielt, die auch deren Kontoverbindungen enthält. Bei dieser soll es sich um Kunden der Süddeutschen Klassenlotterie handeln. Der Verdacht: Die dort entwendeten Daten werden in Call-Centern, die für Glücksspiele werben, missbraucht. Denn wenn die Kontonummer ohnehin schon bekannt ist, ruft der Call-Center-Agent einfach den Betroffenen an und bucht nach dem Gespräch den Betrag für ein Los ab. Die Geschädigten können den Betrag dann nur innerhalb von sechs Wochen von ihrer Bank zurückverlangen. Vor allem ältere Leute sind oft hilflos.

Weitere Fälle

Thilo Weichert, der oberste Datenschützer von Schleswig-Holstein erstattete, nachdem er die CD erhalten hatte, Anzeige. Seither steht sein Telefon nicht mehr still: Immer mehr Menschen aus allen Teilen Deutschlands melden sich und erzählen eine ähnliche Geschichte. In Berlin machten Verbraucherschützer die Probe aufs Exempel: Sie konnten via Internet verdeckt für 850 Euro rund sechs Millionen Kundendaten erwerben, zum Teil mit Kontonummern.

Bis zwanzig Millionen Kontendaten

"Wir sehen jetzt immer mehr von der Spitze des Eisbergs", sagt Weichert in der Süddeutschen Zeitung. Er rechnet damit, dass in Deutschland die Adressen aller Bürger für Marketing- und Verkaufszwecke im Umlauf seien. Zugleich vagabundierten illegal "etwa zehn bis zwanzig Millionen Kontendaten". (Birgit Baumann/ DER STANDARD, Printausgabe, 21. August 2008)