Das Format "Serie" eignet sich eher schlecht als recht zur Darstellung von Lebensrealitäten, die Intention der MacherInnen ist ja auch eine zahlenbestimmte; dennoch ist das Fernsehen als "symbolische Agentur der Gesellschaft" wichtig, zu beäugeln. Zu thematisieren. Zu kritisieren. Durch ein- oder abschalten zu kontrollieren.
Bei Ellen Degeneres, hier als Venus zu sehen, haben viele eingeschaltet. Sie ist sicher die bekannteste TV-Lesbe, outete sie sich doch in einer Folge ihrer Personality-SitCom "Ellen". Viel diskutiert wurde da, ihr verboten, ihre Serien-Freudin on screen zu küssen, und das in den 90ern...
Seit den 70ern tauchen lesbischwule Charaktere im TV auf, im amerikanischen früher, im deutschen später. Die erste Serie mit überwiegend lesbischwulen Figuren lief 1972 in Australien und hieß "Number 96". Die "Tradition" hat sich der australische Sender TEN bis heute erhalten.
Auffällig ist, dass sich in anderen Ländern bis in die 90er zwar schwule Rollen etabliert haben (denken Sie an "Dynasty", "Melrose Place", "Will & Grace", "Dawson's Creek", "Friends" etc.), unterdessen gaben sich die ProduzentInnen aber bei lesbischen schon etwas pingeliger, schon gar, wenn es um Haupt- oder "recurring" Rollen ging. Aber auch das ändert sich stetig, vorallem in Soaps fehlen die entpolitisierten und individuierten Serien-Lesben nicht mehr. Jetzt aber zur Rundschau durch die Serienlandschaften:

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Sandra Bernhard verkörperte in "Roseanne" die einstige Männerfresserin Nancy, die dahinterkommt, dass sie mit Frauen lieber will. In selbiger Serie outet sich auch Roseannes Mutter Bev, obschon es sich in der letzten Folge der Show als Roseannes Hirngespinst erweist, und Roseannes Schwester Jackie sich als die echte Lesbe entpuppt.
Auch in "Ally McBeal" hat Bernhard einen Auftritt als lesbische Anwältin; ansonsten kommt in dieser Serie eine Sozialwissenschafterin vor, die alle Klischee-Vorstellungen bedienen muss.
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Alyson Hannigan als "Willow Rosenberg" ist eine der HauptprotagonistInnen der Serie "Buffy the Vampire Slayer", die mit der ab März auf Pro7 ausgestrahlten siebenten Staffel auch in die Endrunde geht *schnief*. Seit Staffel vier hat Willow eine lesbische Beziehung mit...
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... "Tara Mclay", gespielt von Amber Benson. Mit der Darstellung von lesbischwulen Liebesbezeugungen in Serien haben die amerikanischen Sender eigentlich ein Problem - sie kommen so gut wie nie vor. Eher kumpelhaftes Gedrücke, manchmal ein Küßchen - aber Küsse? Sex? Nicht mal anzudenken. Bei Willow und Tara machte UPN aber mal eine viel diskutierte Ausnahme: Nach einer langen, schöne Szene in Staffel fünf gab es in der sechsten eine Folge lang Geturtel im Bett - mit schrecklichem Ende, das zwei Lesearten eröffnet. Tage im Bett verbracht, drängt Willow darauf, doch wieder etwas anderem als Sex nachzugehen; sie kehren also in die senkrechte Lage zurück - und *knall*: Tara stirbt, durch eine Kugel tödlich getroffen. Manche meinen, es kann nicht anders sein, im Ami-TV ist allein schon Sex vor der Ehe böse - und dann gar lesbischer Sex - das muss mit dem Tod bestraft werden. Andere meinen, hätten die beiden weiterhin Sex gehabt, hätte Tara die Kugel nicht getroffen, und sehen es als klares Votum für lesbischen Sex.
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Auch bei "Sex and the City" tun sich in der neuen Staffel neue Wege für die promiskuitive Samantha Jones auf. Sie geht zum ersten Mal eine Beziehung ein, und die mit einer Frau. Es wird sich zeigen, wohin sie die Schreiberlinge führen - gilt doch fürs Fernsehen bislang wie eine goldene Regel, dass 1.: lesbische Figuren nur als Nebenfiguren auftauchen, 2.: herausgeschrieben werden oder 3.: eigentlich hetero sind und nur mal eine "lesbische Phase" er-/durchleben. So ges(ch)ehen - neben den bereits erwähnten - auch in "Beverly Hills 90210", "Friends", "Popular", "The Nanny", "X-Files", "Melrose Place", "Party of five" ....
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...und auch bei den "Simpsons": Keine Nebenfigur, sondern die Smarteste der Simpsons ließen Matt Gröning und Co. von Frauen träumen und sorgten damit für heftige Aufregung in den USA. In einer bei uns noch nicht ausgestrahlten Episode hat die Achtjährige einen Traum, in dem sich zwei Frauen küssen und Lisa bitten, doch mitzumachen. Darauf kann frau ja gespannt sein....aber....
Bild: www.yelloworld.or
....ganz woanders, in Alaska nämlich, liegt der besondere Charme eines ganzen Ortes in der Liebesbeziehung zweier Frauen begründet: "Northern Exposure", bei uns als "Ausgerechnet Alaska" zu sehen, führt die SeherInnen in der Folge "Cicely" zu den Roots der kleinen gleichnamigen Stadt im kalten Land. 1909 wurde das unzivilisierte Städtchen vom üblen Spieß/Schießgesellen Mace Mowbry terrorisiert. Während einem seiner Beutezüge kommen zwei Frauen in "seine" Gemeinde, um aus ihr ein Utopia der FreidenkerInnen zu machen, ein "Paris des Nordens". Roslyn und Cicely, die eine tatkräftig, bestimmt und im Hier verankert, die andere kreativ begabt und Tänzerin a la Isadora Duncan, sind ein Liebespaar, das die Ansässigen mit ihren Ideen begeistert, und schon bald tanzt der ganze Ort und glänzt durch die Patina des Weiblichen. Doch der Bösewicht kehrt zurück, und kann mit dem "Bizarro"-Ort nun gar nicht mehr: Er will Roslyn erschießen lassen, doch Cicely stellt sich schützend vor ihre Geliebte und stirbt in ihren Armen.
"Cicely's death had a profound effect on everyone. No one could look at that fair angel and remained unmoved. A town was born that day, and without anybody saying it, we all knew it would be called... Cicely."
Noch in späteren Folgen feiern die CicelianerInnen ihre Geschichte mit Umzügen und Verkleidungen zu Ehren der beiden Frauen.
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Mit der vorhin erwähnten "goldenen Regel" wird in deutschen Soaps und Serien gebrochen. Es lieben einander Andrea und Billie ("Marienhof", ARD), Vivi und Walter [Katy Karrenbauer, siehe Foto] ("Hinter Gittern", RTL), Saskia und Harumi ("Gute Zeiten, schlechte Zeiten", RTL) oder auch Tanja und Sonja ("Lindenstraße", WDR). Dort begann es. Mit "Tanja" wurde die erste lesbische Hauptfigur im deutschen Fernsehen etabliert, aber von "Feminismus, Politik und anderen hässlichen Dingen", wie Karin Jurschik einst so nett schrieb, hatten sie auch in den politisierten 80ern nie etwas gewusst. Bis heute. Das ist das Fundament der queer-Story im deutschen TV, auf dem Serien wie "Verbotene Liebe" klischee-verpflichtet in schwer ertragbarer Soap-Dramatik ihre Her-Stories erzählen können. (bto)
Foto: katy-karrenbauer.de