Wertschätzung und Gesprächsdisziplin zeichnen weite Teile dieses TV-Duells aus: Konformität statt Konfrontation.

Werner Faymann wirkt wie der Peter Falk der SPÖ. - So wie bei "Columbo" ist es auch bei ihm nicht immer einfach, seinem näselnden Rededuktus zu folgen. Wer durch die geschlossene Zahnreihe spricht wird eben schlechter verstanden: "R" durch "d"+"l" ersetzt - klingt gewöhnungsbedürftig.

Körpersprachlich agiert er engagierter als sein Gegenüber, dafür ist die Syntax manchmal holprig: "Die Wenigeren waren für einen EU-Beitritt." Binsenweisheiten und offensichtliche rhetorische Schwenkmanöver sind nur bedingt vertrauensbildend. Ob seine Buhlschaft mehr als nur das Bellen schafft?

Der grüne Spitzenkandidat wird mit den Jahren Gevatter Petz deutlich ähnlicher. Er muss gegenüber dem SPÖ-Kontrahenten immer wieder einmal grantig werden: "Jetzt reicht es aber!" - Selbst dabei bleibt sein Blick offen, gelegentlich zwar vorwurfsvoll - nie jedoch missgünstig. Van der Bellens Gesprächsführung wirkt grundsätzlich kultiviert und er formuliert druckreif. Dafür lässt seine stimmliche Variationsfähigkeit zu wünschen übrig: Entweder klingt er gelangweilt oder leicht säuerlich - der Stimmdruck bleibt schwach.

Seine Kernthesen sind sprachlich bebildert und reich an Fachbeispielen - trotz der Schachtelsätze und Gedankeneinschübe. Van der Bellen hebt sich durch treffsichere Formulierungen und Auftrittskompetenz vom roten Gesprächspartner ab.

Fazit: SPÖ und Grüne treffen einander zwar in der Gegenwart - dennoch unterscheidet sie die zeitliche Betrachtung: Bei Faymann vergleicht man unwillkürlich in Richtung Vergangenheit: "Ist er besser als Gusi?"

Van der Bellen zwingt einen, in die Zukunft zu fragen: "Wer soll ihm nachfolgen? (Tatjana Lackner/DER STANDARD-Printausgabe, 27. August 2008)