Blau, weiß oder wechselweise lila strahlt das Massiv des Rosengartens bei Latemar - dem Fluch des Zwergenkönigs zum Trotz.

Steinegg mit dem Rosengarten im Hintergrund

Foto: Tourismusverband Rosengarten Latemar
Grafik: DER STANDARD

Wanderwünsche ändern sich. Kein Mensch will sich heute mehr durch Wald und Feld, durch Moos und Tann mühen - so erzählen es jedenfalls die Tourismusmanager von Wanderregionen. Heute will man schon oben beginnen, dort, wo man sich früher erst mühevoll hinaufquälen musste, um von der Aussicht belohnt zu werden.

Die Baumgrenze will nicht erobert, sondern bewandert werden. Und kaum wo bietet sie sich so schroff und bizarr, so zackig und rifflig an wie im Rosengarten, der Wohnstätte König Laurins und seiner Zwerge, der Gegend um Latemar in Südtirol.

Kaum eine Bergkette ändert derartig drastisch ihre Farbe, morgens Blau, mittags Weiß, abends Knallpink. Dass darum eine Zaubersage entstanden ist, ist sozusagen augenscheinlich (Zwergenkönig Laurin entführt schöne Maid, sie entwischt mithilfe edlen Ritters, der besiegte Laurin verflucht den Rosengarten, der seinen Standort verraten hat, Tag und Nacht für alle unsichtbar zu sein - doch die Dämmerung hat er vergessen, wo die Gipfel rosenrot glühen).

Und dass diese Gegend zumWandern wirklich bezaubernd ist, ist nicht neu. Dass sie auch immer bequemer und - imDoppelsinn des Wortes - ausgezeichneter (alle Wanderwege werden gerade von GPS-Informanten erfasst und einheitlich markiert) wird, ist eine erfreuliche Entwicklung. Auch drei Sessellifte und eine Gondelbahn bringen einen jetzt von Juni bis September/Oktober hinauf in die grauen Riesen.

Die Hotellerie bemüht sich wieder, nach einer längeren Pause, die vor allem im Winter spürbar war: Lifte wurden eingestellt, Pisten nicht mehr gepflegt und dann als „Abenteuer-Abfahrt" verkauft - was Eisplatten, Buckel und apere Stellen bedeutete, abenteuerlich vielleicht, aber sicher nicht vergnüglich. Jetzt baut man auch wieder auf den Sommer - und in den Hotels Wellness-Bereiche aus - und erweitert Service-Angebote wie gemeinsame Touren oder Zubringerbusse und ein erweitertes Busnetz für zehn Euro die Woche.

Dass diese Gegend, und dabei vor allem die Porphyr-Schlucht, bereits vor 1900 ein Tourismusmagnet war, ist fast in Vergessenheit geraten: Dabei beherbergte das Grand Hotel Karezza auf dem Karerpass einst so prominente Gäste wie Kaiserin Sisi, Karl May, später Agatha Christie oder Winston Churchill und war bereits 1896 elektrifiziert, was damals eine Sensation war.

König Laurins Fluch? Der wird jedenfalls jetzt durch 530 Kilometer Wanderwege (meist auf den Spuren intensiver Holzwirtschaft, den Forstwegen) sicher gebannt. (Elisabeth Hewson/DER STANDARD/Printausgabe/29.8.2008)