Mit die jüngste Position in Herbert Liaunigs Sammlung: das Objekt "Shelter" der 1968 in Salzburg geborenen Künstlerin Julie Hayward.

Foto: Museum Liaunig

Neuhaus/Suha - Ganz im Gegensatz zu Karlheinz Essl, der seine Sammlung von Herzen gerne selbst inszeniert und immer wieder einmal einen Anlauf nimmt, seine österreichischen mit diversen internationalen Erfolgssorten zu einer Cuvée von unverkennbarem Charakter zu verschneiden, vertraut Herbert W. Liaunig seine, auch im vierstelligen Stückzahlbereich angesiedelte Sammlung einem Kurator an: Peter Baum. Und der macht, was eben seine Art ist, ordnet das Liaunig'sche Konvolut streng nach den über die Jahrzehnte hin erarbeiteten und erprobten Kriterien der "Baum-Schule".

Peter Baum, einst als jüngster Museumsdirektor der Republik an die Neue Galerie der Stadt Linz berufen, hat im Querkraft-Bau des Sammlers Liaunig dort weitergemacht, wo er mit seiner Ehrenrunde im Linzer Lentos aufgehört hatte: Nicht unähnlich (wenn auch länger) der Ausstellungshalle an der Donau, zeigt sich der Riegel im Jauntal als großzügiges Langhaus - das unterbrochen werden will.

Und also hat Peter Baum das Kunstvorhandene in Schubladen verwahrt, einander endlich nahe- gebracht, was ihm von jeher schon als verwandt galt. Und also muss man sich die Erstpräsentation einer letztlich willkürlich angelegten Sammlung als Entschärfung vorstellen, als Familienaufstellung in der Absicht, künftig bitte Konflikte zu vermeiden.

Informel passt vorzüglich zu Informel, und also muss Hans Staudacher Georges Mathieu nahe sein. Was in den 80ern als ebenso neu wie wild galt, will auch heute noch miteinander abhängen: Anzinger mit Damisch und Klinkan mit Mosbacher, weil schließlich zeigen sich ja auch die "Wirklichkeiten" bei Liaunig als immer noch geschlossene Gruppe von Ringel, Pongratz, Jungwirth, Kocherscheidt und Co. Und die Kärntner bleiben ohnehin gerne unter sich - auch die Künstler. Und ebenso zieht Plastik in der "Baum-Schule" Plastik an: von Wotruba bis Wurm. Wer Otto Eder sagt, muss auch Heinz Leinfellner sagen, Josef Pillhofer lässt auf Joannis Avramidis schließen, und Fritz Hartlauer und Erwin Reiter darf man auch nicht vergessen. Karl Prantl sowieso nicht.

Und dann war da noch die Op-Art, ein dem österreichischen "Nötschern" und Sinnsuchen eher distanziertes Feld. Aber egal, auch im Außenseitertopf lässt sich der Brei untadelig glattrühren: Schwindelerregendes Material von Helga Philipp, Richard Kriesche oder Marc Adrian harmoniert bestens mit Osamu Nakajimas glattpolierten Graniten. Drago Prelog hatte es immer schon mit möglichst vielen Umdrehungen auf einem Blatt, und einen Schuss konkreter Poesie verträgt auch diese Lade.

Kupferstich und Grafik

Grafik gehört sowieso aussortiert, hat neben Öl und Dispersion und Stein nicht viel verloren. Und nicht umsonst auch heißt es bis hinein in den Volksmund auch abwegiger Täler: Kabinett, Kupferstich- und Grafikkabinett. Und also hat auch Querkraft ein solches angelegt, einen halbschattigen Appendix angebracht: für Absolon und Hradil und Pichler. Belege vom Hundertwasser finden sich dort ebenso wie eine Serie der so großartigen wie wenig geschätzten Porträts des Karl Anton Fleck.

Sonst leider wenig aus der stets um die Grafik bemühten "Baum-Schule" . Wir erinnern uns: Parallel zum Grazer Wilfried Skreiner, der den österreichischen Wilden gewandt auf die Sprünge half, hat Peter Baum seinerzeit versucht, die oberösterreichische Zeichnung als Marke zu platzieren. In der Sammlung Liaunig hat die aber, zumindest in der Selektion Peter Baums, keinen Niederschlag gefunden. Kein Franz Blaas, auch kein Blatt des Ulrich Waibel. Und auch Alois Riedl, in Baums Programm der Neuen Galerie über einige Jahre hinweg recht präsent, hat, wiewohl in der Sammlung, nicht den Sprung in die letzte Runde, jene vor Publikum, geschafft.

Kann aber alles noch werden. Zum einen soll ja, nicht wie beim Museumsbesitzerkollegen Essl, das Programm allein aus den Hausbeständen entwickelt und nicht wie in Klosterneuburg durch Wechselausstellungen in einen Kontext gesetzt werden. Zum anderen existiert ja ein, wenn auch nach dem circa zehn Millionen Euro günstigen Neubau eingeschränktes Ankaufsbudget. Das soll auch dafür genutzt werden, offensichtliche Lücken zu schließen. So wird demnächst schon ein Kontingent an Hubert Scheibls ins Jauntal verfrachtet, um so die Lücke unter den Wilden zu schließen. Und außerdem, so Liaunig, hat er eine Sandale in seiner Sammlung, über die Experten nur milde lächelnd hinwegsehen.

Noch ist die aber ausgestellt. Und zwar in einem weiteren Flügelbau. Dort lagert der Großsammler Gold. Afrikanisches Gold der Akan, das er zwar nicht gesammelt, aber en bloc gekauft hat. Ghanaische Insignien kann er nun kristallweltengleich präsentieren. Und gleichrangig mit den Sammlungen im British Museum in London und dem Gold of Africa Museum in Kapstadt wäre die Präsentation, gäbe es da nicht diese Sandale, die zwar von reinem Gold, aber nicht State of the African Art ist.

Egal, dem nicht ganz standesgemäßen Schuhwerk zum Trotz verspricht das Gold der Akan zum Publikumsmagneten zu werden - egal, was da an Zeitgenossenschaft im Hauptraum hängt. Peter Baum kann das bestätigen, schon in der Neuen Galerie der Stadt Linz vermochten glänzende Geschmeide die eher traurigen Beuys-&-Co-Quoten aufzufetten. Noch eine Achse zwischen Kärnten und Oberösterreich: Der internationale Anteil der Liaunig-Sammlung entspricht mit Tony Cragg, Matt Mullican und Erwin Heerich dem Kernprogramm der Werkstatt Kollerschlag. (Markus Mittringer, STANDARD/Printausgabe, 30./31.08.2008)