Es war keine visionäre Rede, wie sie Barack Obama vor vier Jahren auf dem demokratischen Parteitag in Boston gehalten hatte. Diesmal, auf seiner eigenen Nominierungs-Convention, hat Obama seine "luftigen Worte auf die Erde gebracht" (New York Times). Und er hat gezeigt, dass er durchaus imstande ist, seinen republikanischen Gegner John McCain auch hart anzugehen. Die demokratischen Delegierten und die Millionen Sympathisanten vor den Fernsehern bekamen vor der beeindruckenden Kulisse in Denver die Botschaft, die sie hören wollten: Unser Mann hat Substanz, unser Mann kann auch kämpfen.

Obama hat den Wandel, den seine Kampagne seit anderthalb Jahren trommelt, ziemlich konkret beschrieben: Als Präsident werde er die Steuern für 95 Prozent der Familien senken, Amerikas Ölabhängigkeit binnen zehn Jahren beenden, 150 Milliarden Dollar in alternative Energien investieren. Er werde eine Armee neuer Lehrer engagieren und eine leistbare Krankenversicherung für alle Amerikaner schaffen. Das nötige Geld dafür will Obama aufbringen, indem er "jede einzelne Zeile des US-Budgets" durchgeht und superreiche Amerikaner höher besteuert.

Auch die Prügel für McCain kamen gut an. Schon vor Obamas Rede raunte sein Kampagnenmanager David Plouffe in kleinem Kreis: "Die Convention ist gut gelaufen. Wir haben es geschafft, die Unterschiede zu McCain glasklar zu machen, das war das Wichtigste." Bei den Wählern scheint sich das auszuzahlen: In einer Umfrage der Los Angeles Times hat Obama - noch vor der großen Stadion-Party - um zehn Punkte an Zustimmung zugelegt. Das Obama-Lager ist bereit für den großen Showdown im November. (Christoph Prantner/DER STANDARD, Printausgabe, 30.8.2008)