Community und Kunst sind bunt genug, befinden die drei geistigen Väter von "Independent Collectors" ,Ulrich Grothe, Christian Schwarm und Uwe Thomas.

Foto: I. C.

Wien - Im Windschatten der Art Basel öffneten Christian Schwarm, Ulrich Grothe und Uwe Thomas die virtuellen Schleusen für die Öffentlichkeit. Auf den Tag genau vor zwölf Wochen schlug am 4. Juni 2008 die Geburtsstunde der "Independent Collectors" , einer Internetplattform für Sammler zeitgenössischer Kunst.

Die Idee dahinter ist simpel: Es geht um die Vernetzung einer interessierten und global verteilten Sammler-Community, die das Medium Internet in all seinen Facetten nutzt. Dabei, so erzählt Christian Schwarm, gab es anfangs auch Gegenwind. Kunstsammler seien Einzelgänger, so meinten einige, sie würden nicht miteinander kommunizieren wollen und sehen sich eher als Konkurrenten denn als Gemeinschaft. Klischees, wie die drei Väter des schmucken Babys mittlerweile wissen - und wie es deren Mentor prognostiziert hatte: "Da gibt es einen extremen Bedarf für", verlautbarte Wilhelm Schürmann.

Seit drei Jahrzehnten sammelt der 62-Jährige Kunst, bespielt die Plattform nun mit wechselnden Ausstellungen, wurde zu seinem eigenen Kurator - und es sind dies inhaltlich hochinteressante und thematisch abwechslungsreiche Bündel, so bar jeder kommerziellen Ausrichtung, weil auch gar nicht notwendig.

Mitglieder aus 24 Nationen

In Summe können aktuell 70 solcher Ausstellungen besucht werden. Als Mitglied ist jeder willkommen, aktuell hält man bei 230 Registrierungen aus 24 Nationen. "In den letzten Tagen gab es viele Seitenaufrufe aus China, aber noch keine Anmeldung", erzählt Schwarm. Österreich? Mit gerade einmal drei Mitgliedern fällt die Alpenrepublik noch klar in die Kategorie Minderheit, selbst die Schweiz ist mit sechs vertreten. Dabei ist der Zugang zu diesem Universum kostenlos.

Das Galerie Rating ist eines der Elemente und ermöglicht den Sammlern, untereinander Erfahrungswerte mit Anbietern zu teilen. Fünf Mausklicks, die anderen ein aussagekräftiges Bild geben. "Noch nie wurde der Wettbewerb zwischen Galerien so deutlich, noch nie der Markt für Sammler so transparent. Und noch nie hatten kleinere Galerien plötzlich dieselben Chancen wie die Global Player der Kunstszene" , so Christian Schwarm.

Nach drei Monaten ist klar, der Community ist derlei weit weniger wichtig als angenommen. Die Gefahr, dass sich Galerien in diesem Forum selbst bewerten, besteht kaum. Ein Restrisiko ist nicht auszuschließen, aber die ausgeklügelten Registrierungsmodalitäten mitsamt Verifizierungs- und Plausibilitätscheck fungieren als wirksame Schutzmechanismen. "Da müsste einer schon zwanzig unterschiedliche Mailadressen haben" , so der 36-Jährige. Eine für August angekündigte Zwischenbilanz lässt noch auf sich warten, die Datenbasis sei derzeit noch zu dünn.

Insgesamt - so das erste Fazit - war die Gründung dieser Plattform eine punktgenaue Landung - das führt die äußerst lebendige Community klar vor Augen. Allein Tommi Brems Blog ist absolut lesenswert. Dem 31-jährigen Konzepter einer Marketingagentur - "Null Kunst, null Erfahrung, wenige Kontakte und kleines Budget" , so seine Eigendefinition - war die Kunst noch vor drei Monaten völlig fremd, ja eher ein Ärgernis.

Seit kurzem kann man ihn bei seinem persönlichen Eroberungsfeldzug der Kunstszene begleiten. Der jüngste Blog-Eintrag stammt vom 23. August, da verlautbarte Tommi den Gang in die Wüste zum "BurningMan" -Kunstfestival in Nevada, zusammen mit seiner dritten Erwerbung, einem Patina-Painting von Karin Sander.
Das Konzept der Gebrauchsbilder der deutschen Künstlerin: Auf der leeren weißen Oberfläche soll sich die Patina der Umgebung sammeln, in der sich die Werke für eine gewisse Zeit befinden. Dieser Tage wird der frischgebackene Sammler das Endergebnis mit seiner Community teilen.

Tipps von seinesgleichen

Trotz aller Globalisierung ist der Bedarf an Information erhalten geblieben. Wenn auch in anderer Form. Als selbstbewusste Generation durchschauen junge Sammler längst jeden Marketing-Gag und legen besonderen Wert auf unabhängige Quellen. Man ist beruflich oft auf Achse und weiß solche Businesstrips vielleicht auch für private Interessen zu nutzen. Statt eine ganze Liste von Galerien einer Stadt abzuklappern, holt man sich die Tipps von seinesgleichen. Weil auch der durchschnittliche Kunsttourist möchte eben dorthin, wo es keine Kunsttouristen gibt.

"Independent Collectors" hat eine Lücke geschlossen, von deren Existenz selbst eingeschworene Sammler zuvor gar nicht wussten. (Olga Kronsteiner, DER STANDARD/Printausgabe, 04.09.2008)