Mariusz Jan Demner: "Die SPÖ wird gewinnen, weil Faymann nichts verspricht, sondern tut was er spricht. Und damit die neue Wahl ist".

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Markus Gull: "Die ÖVP wird gewinnen, weil die Menschen mit Wilhelm Molterer einen Bundeskanzler bekommen, der unabhängig agiert und zu seinem Wort steht, wie er das immer getan hat."

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Noch rund drei Wochen zur Nationalratswahl 2008, der Wahlkampf und damit die Wahlwerbung gehen in ihre heiße Phase. Astrid Ebenführer befragte Mariusz Jan Demner – er wirbt für die SPÖ – und den ÖPV-Werber Markus Gull, warum Sie für ihre Partei Werbung machen und bat um eine Prognose.

Zu Wahlkampagnen anderer Parteien wollten sich beide nicht äußern, "ich konzentriere mich lieber auf die Stärken meines Kandidaten als den Schwächen der Konkurrenz hinterherzulaufen. Und möchte die Arbeit von Kollegen prinzipiell nicht kritisieren. Das sollen Unbefangenere bewerten", so Demner. Auch Markus Gull bittet um Verständnis, "ich kommentiere Arbeiten von Kollegen nicht".

etat.at: Warum machen Sie Wahlwerbung und warum für die SPÖ bzw. ÖVP?

Demner: Wegen Werner Faymann: ich kannte ihn nicht und habe auch gesagt, dass wir keine Wahlwerbung machen. Er hat sich dennoch zu einem Termin angesagt und sich volle drei Stunden Zeit genommen. Er hat mir trotz des Zeitdrucks Bedenkzeit gelassen. Vor allem hat er extrem kritische Fragen souverän beantwortet. Je länger das Gespräch geworden ist, umso interessanter ist es geworden (was bei Gesprächen normalerweise umgekehrt läuft). Er hat uns jene Arbeitsbedingungen eingeräumt, die wir uns gewünscht haben und er hat uns auch mit seinem gnadenlosen Vertrauen in unsere Leistungsfähigkeit nicht mehr ausgelassen.

Aber auch das Potenzial war sehr reizvoll: eine ziemlich miese Ausgangssituation, aber ein neuer, unbeschriebener Kandidat. Ich habe sofort das Gefühl gehabt, der wird mit seiner ruhigen Art auch in seinen TV-Auftritten gut rüberkommen wird. Das hat sich als richtig erwiesen.

Gull: Ich werbe für die ÖVP, weil mich die ÖVP gefragt hat und weil ich das aus ganzem Herzen mache: Wilhelm Molterer und die ÖVP sind die einzigen, die das Land sicher führen können, und ich helfe gerne mit, dass dies möglich wird.

etat.at: Was macht für Sie politische Werbung spannend?

Demner: Die Schnelligkeit, mit der man Ideen finden, beurteilen, entscheiden und produzieren muss. Und was daraus resultiert: Die Schnelligkeit, mit der wir Anfang August bereits auf den Plakatwänden waren, hat aus dem Nachteil der geringeren Bekanntheit des Kandidaten einen enormen Vorteil gemacht: die anderen Parteien hat das buchstäblich auf dem falschen Fuß erwischt – damit lag die Dynamik und das Gesetz des Handelns von Anfang an bei der SPÖ. Und Faymann sorgt mit überraschenden Initiativen dafür, dass das auch so bleibt.

Gull: Politik ist ein aufregendes, abwechslungsreiches Tätigkeitsfeld, auf dem man Dinge (mit)bewegen kann, die für die Menschen nachhaltige Bedeutung haben.

etat.at: Wodurch unterscheidet sich politische Werbung bzw. Wahlwerbung von jener für "normale" Kunden?

Demner: Wofür Sie sonst Wochen und Monate brauchen, muss in Stunden, höchstens Tagen geschehen. Vorteil: Es wird nicht alles so lange hinterfragt bis es sich aufgelöst hat. Das Ergebnis ist eine konstante und durchgängige Kampagne.

Ein Markenprodukt steht im Regal und sieht immer gleich aus (aber doch anders als die Konkurrenz). Man kennt es, man weiß, was drin ist, was es kostet, was man davon hat. Man vertraut ihm. Das sind wesentliche Grundzüge eines Markencharakters.

Ein Politiker ist ein Mensch. Er tut sich schon schwer, immer gleich auszuschauen (eine andere Krawatte, ein Mascherl kann da schon ziemlich verändernd wirken ;-). Der Politiker bekommt dann "Markenqualität", wenn er in den Köpfen, noch wichtiger in den Herzen der Menschen Kontur, besser noch Statur bekommt. Wenn man ihn erkennt, wenn man weiß wofür er steht, man weiß was er für einen tut. Man ihm vertraut. Dann hat er die Chance, zu einer Art "Marke" zu werden.

Übrigens: Produkte die nicht auffallen verkaufen sich nicht. Politiker, die nicht auffallen bewegen nichts.

Gull: Ideologien sind wesentlich komplexer und deshalb auch werblich wesentlich komplexer zu kommunizieren, weil es dabei ja immer um Verdichtung und Verkürzung geht. Gleichzeitig ist das Produkt Ideologie deutlich dynamischer, es verändert seine Schwerpunkte aufgrund veränderter Themenlagen, ist stets direkt vom Mitbewerb beeinflussbar und wird vom Mitbewerb in einer Art angegriffen, die bei Markenartikeln völlig undenkbar ist.

etat.at:
Laut Meinungsforschern haben Wahlplakate wenig Wirkung, sie seien das "mit Abstand ineffizienteste Mittel" zur Wahlwerbung.

Demner: Dann mögen mir doch die Meinungsforscher erzählen, wie man einen noch unbekannten Kandidaten schlagartig bekannt machen soll. Am Plakat kommt jeder vorbei. Das Plakat hat die absolut größte Reichweite. Die Frage ist nur wie man es nutzt. In dem Fall hat das Plakat mehreres bewirkt: Faymann schlagartig bekannt zu machen und den Leuten buchstäblich "näher" zu bringen.

Und da wir bereits Anfang August auf dem Plakat waren, haben wir das Tempo betimmt. Während andere noch überlegt haben wann, wo, wie und ob sie überhaupt Ihre Spitzenkandidaten bewerben.

Gull:
Plakate setzen Zeichen in der öffentlichen Wahrnehmung, sind Manifeste und Signal – stark auch nach innen, für die eigenen Funktionäre und Sympathisanten. Sie gehören zur Wahl-Bewegung und lösen sie mit aus. Insofern hat ein Wahlplakat sicher eine andere Aufgabe und Wirkung als ein Plakat für einen Markenartikler – aber ineffizient ist das nicht. Ganz im Gegenteil.

etat.at: Warum wird die SPÖ die Wahl gewinnen?

Demner: Weil sie mit Werner Faymann eine grundsätzliche Erneuerung geschafft hat und "genug gestritten" enttäuschte SPÖ-Wähler beim Grund ihres Frustes abgeholt hat und weil Faymann nichts verspricht, sondern tut was er spricht. Und damit die neue Wahl ist. "Walk the Talk" nennen das die Amerikaner.

etat.at: Und wieviel Prozentpunkte wird die SPÖ vor der ÖVP liegen?

Demner: Mir sind schon die Umfragen selbst seriöser Institute in ihrer Schwankungsbreite suspekt. Wollen Sie das noch mit Spekulationen von Werbeleuten anreichern?

etat.at: Herr Gull, warum wird die ÖVP die Wahl gewinnen? Und wieviel Prozentpunkte wird die ÖVP vor der SPÖ liegen?

Gull: Weil die Menschen verstehen, dass sie mit der ÖVP eine professionelle, verlässliche Regierung bekommen und mit Wilhelm Molterer einen Bundeskanzler, der unabhängig agiert und zu seinem Wort steht, wie er das immer getan hat.

Das wird – dafür arbeiten sehr viele Menschen in ganz Österreich – zu so vielen Stimmen führen, dass die ÖVP knapp, aber klar die Nummer 1 vor der SPÖ sein wird. (Astrid Ebenführer, derStandard.at, 4.9.2008)