Wien - Jörg Haider begann mit einer kleinen Rede an die Nation. Vor vier Stunden sei er noch auf einem OP-Tisch gelegen, die Folgen eines Insektenstichs hätten einen Eingriff unter Narkose nötig gemacht: „An sich dürfte ich nicht da sein." Aber da er nun mal da war, bat der BZÖ-Chef „um Verständnis, dass ich etwas ermüdet bin". Das „gute Besserung" vom grünen Alexander Van der Bellen war dann die freundlichste Passage des Abends.

Es ging los mit den enthafteten Tierschützern, von denen einer, Martin Balluch, auf der Liste der Grünen kandidieren soll. Wo Van der Bellen Wert legte auf die Feststellung, „er ist nicht verurteilt", der Anti-Mafia-Paragraf sei ungerechtfertigt gegen die Aktivisten angewandt worden, meinte Haider, in den grünen Aktivitäten zu erkennen, „dass Ihnen Tiere mehr wert sind als Menschen" und Kinderschutz den Ökos wohl nicht viel bedeute. „Typisch", empörte sich Van der Bellen: „Das Ausspielen von Kinderschutz gegen Tierschutz ist wirklich niederträchtig."

Von dort wurde schnell ein Bogen zur Asylfrage und den von Haider nach Traiskirchen verschobenen, wie er sagt, „kriminellen" Asylwerbern geschlagen, und von da war es nicht mehr weit bis zur Kärntner Ortstafel-Causa. Beides Beispiele, wo ein sehr aktiver Van der Bellen „Herrn Doktor Haider" Missachtung des Rechtsstaats und „Verfassungsbruch" vorwarf.

Haider wiederum ließ den „Herrn Professor" wissen, dass die Grünen zwar die Unschuldsvermutung „für Ihre Tierschützer" betonten, ihm selbst von ihnen aber immer wieder gerichtliches Ungemach angedroht worden sei, bis hin zur U-Haft-Androhung wegen der Ortstafeln: „Ihr seids eine alte Vernadererpartie", meinte Haider und wirkte dabei nicht „etwas ermüdet", sondern sehr angriffig. Van der Bellens Vorwurf, Haider habe noch immer nicht alle verfassungsrechtlich vorgeschriebenen zweisprachigen Ortstafeln aufgestellt, entgegnete Haider so: Alles hat seine Richtigkeit - „lassen Sie sich das von jemandem sagen, der Verfassungsrecht gelernt hat."

Dafür hat Van der Bellen Volkswirtschaft gelernt und rechnete Haider in der Energie-Passage vor: „Das Teuerste ist, nichts zu tun gegen den Klimawandel. Wir müssen uns umstellen auf eine neue Welt." Der grüne Parteichef spannte einen Argumentationsbogen von notwendigen, kurzfristigen Hilfen für Pendler ohne Nahverkehrsangebot bis hin zu großen Kursänderungen in der Energiepolitik. Haider landete zuverlässig beim hohen Benzinpreis und pries Kärnten als Vorzeigeland für erneuerbare Energie.

Die Lust auf einen koalitionären Dreier ist geteilt: „Ausgeschlossen" für Van der Bellen, „ganz interessant" für Haider. Ingrid Thurnher wünschte noch „gute Besserung" und man ging wieder auseinander. (Lisa Nimmervoll / DER STANDARD Printausgabe 5.9.2008)