Barack Obama lieferte zuletzt eine der besten Reden seines bisherigen politischen Lebens ab, ebenso Sarah Palin. Dass der rednerisch bescheidener ausgestattete John McCain diese beiden Vorgaben bei der Annahme seiner Nominierung zum republikanischen Präsidentschaftskandidaten übertreffen würde, hatte ohnehin niemand erwartet. Aber dafür, dass der Republikaner nun eines seiner Lebensziele erreicht hat, fiel sein Auftritt doch einigermaßen nüchtern aus. Es war eher die Pflicht als die Kür eines Präsidentschaftskandidaten.

Der Mangel an Enthusiasmus mag dem schroffen Charakter des vierschrötigen Senators geschuldet sein. Vor allem aber krankte die müde Show daran, dass McCain - trotz seines eifrig gepflegten Außenseiter-Images und im krassen Gegensatz zu seiner Vizepräsidentschaftskandidatin - eben doch in den vergangenen Jahren in Washington mit von der Partie war. Der Geruch der Ära Bush haftet auch ihm an, ob McCain will oder nicht. Einer, der - wie die Demokraten bei jeder Gelegenheit gnadenlos betonen - zu 90 Prozent für die noch amtierende Administration gestimmt hat, kann nicht ernsthaft das Wort "Wandel" im Mund führen.

Ob den gemeinen Bürgern der ergebene, aber eben auch ein wenig freudlose Dienst McCains an der Nation als Wahlargument mitreißend genug ist, werden die Umfragen in den kommenden Tagen zeigen. 60 Prozent der Wähler legen sich nach den Conventions auf ihren Kandidaten fest, erklären US-Politologen. Erst wenn diese Daten - aus einzelnen Bundesstaaten und sogar einzelnen umstrittenen Wahlbezirken - vorliegen, ist seriös abzuschätzen, wie die Dinge im November laufen könnten. (Christoph Prantner/DER STANDARD, Printausgabe, 6./7. 9. 2008)