In Polen mehren sich die Indizien für die Existenz eines geheimen CIA-Gefängnisses in den Jahren 2002 bis 2005. Ein Dutzend Terrorverdächtiger soll im nordpolnischen Kiejkuty monatelang festgehalten und zum Teil gefoltert worden sein. Obwohl der damalige Regierungschef Leszek Miller und Präsident Aleksander Kwaœniewski die Existenz dieses CIA-Geheimgefängnisses bis heute abstreiten, scheinen sie von der US- Basis in Masuren wie auch den dort festgehaltenen Al-Kaida-Verdächtigen gewusst zu haben. Dies belegen anonyme Aussagen polnischer Geheimdienstfunktionäre und ein streng geheimes Memorandum, das vor kurzem an die Öffentlichkeit gelangte. Es soll der Landes-Staatsanwaltschaft vorliegen, die seit gut drei Wochen in diesem Fall ermittelt.

Am Wochenende deckten zwei führende Tageszeitungen in Polen, die linksliberale Gazeta Wyborcza und der konservative Dziennik, Hintergründe zu den geheimnisvollen CIA-Flügen von Afghanistan nach Polen auf. Zudem zeigte der Privatsender TVN einen Dokumentarfilm der BBC, der nicht nur die bekannten Folterbilder aus dem amerikanischen Gefängnis Abu Ghraib im Irak zeigte, sondern auch Vorwürfe gegen Polen erhob.

9/11-Drahtzieher

Denn auch in Polen sollen mit Wissen des polnischen Geheimdienstes, des Regierungschefs und des Präsidenten CIA-Funktionäre Terrorverdächtige gefoltert haben. Darunter Khalid Scheich Mohammed, den Kopf des Anschlages vom 11. September 2001 auf das World Trade Center in New York, und Abu Subaida, den Logistik-Chef des Terrornetzwerks Al-Kaida. Eine der in Polen angewandten Methoden soll das Waterboarding gewesen sein. Dabei wird dem Opfer so viel Wasser ins Gesicht geschüttet, dass es glaubt zu ertrinken.

Allein Khalid Scheich Mohammed soll in Kiejkuty rund 100-mal diesem Waterboarding ausgesetzt worden sein, schreibt Dziennik. Heute sitzt er in Guantánamo ein. Der Prozess gegen ihn läuft. Ihm droht das Todesurteil. (Gabriele Lesser aus Warschau/DER STANDARD, Printausgabe, 8.9.2008)