Wiener Neustadt - Der erste Samstag im September ist traditionell der "Tag der Leutnante" - die feierliche Übernahme der Absolventen der Theresianischen Militärakademie als junge Offiziere in das Bundesheer. Doch an diesem Samstag war nicht allen zum Feiern zumute, denn um Österreichs älteste Fachhochschule (gegründet 1752) gibt es massive Konflikte.

Verteidigungsminister Norbert Darabos hat nämlich entschieden, den Vertrag des Kommandanten, Generalmajor Norbert Sinn, nicht zu verlängern. Sinn bestätigt dem Standard, am 4. September ein entsprechendes Schreiben erhalten zu haben. Dies ist insoferne ungewöhnlich, als die entsprechende Mitteilung eigentlich persönlich durch den Minister zu erfolgen hätte. Darabos hat das aber nicht getan - "welche Rechtsfolgen das hat, werden sich vermutlich Juristen ausstreiten müssen" , sagt Sinn, der seinen Posten nicht kampflos räumen will. Sinn gilt als erfahrener Truppenoffizier, er war auch Adjutant von Bundespräsident Thomas Klestil.

Als Nachfolger für Sinn ist Brigadier Erich Csitkovits, derzeit Leiter der Gruppe Grundsatzplanung, vorgesehen.
Überhaupt herrscht zwischen der Militärakademie und dem Minister ein frostiges Klima: Am Freitag wurde den Absolventen des Fachhochschulstudienganges "Militärische Führung" ihr Diplom überreicht - zum ersten Mal hat sich ein amtierender Minister bei diesem Event entschuldigen lassen. Darabos war statt in Wiener Neustadt im nahen Neudörfl bei einem Wahlkampfauftritt.

Drei der Fähnriche, die am Freitag ihr Studium abgeschlossen haben, waren am Samstag dann nicht mehr dabei: Statt als Berufsoffiziere weiter zu dienen, bleiben sie lieber Zeitsoldaten: So steht ihnen das Recht zu, auf Kosten des Bundesheeres und mit fortlaufenden (allerdings reduzierten) Bezügen eine anderwärtige Berufsausbildung zu absolvieren. Dazu muss man wissen, dass die Absolventen der Militärakademie im gesamten Bundesdienst als Akademiker eingestuft werden - mit der markanten Ausnahme des Bundesheeres: Ausgerechnet das Studium an der eigenen Fachhochschule zählt nicht für einen A-Posten.
Auch ist die Verunsicherung groß, wie es mit dem Bundesheer überhaupt weitergehen soll. Der Präsident der Offiziersgesellschaft, Eduard Paulus, warnt bereits vor einem "Existenzrisiko" . (cs/DER STANDARD Printausgabe, 8. September 2008)