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Die, die sich im Stiftungsparadies Liechtenstein allzu wohl gefühlt haben, werden nun in Österreich willkommen geheißen: von der Staatsanwaltschaft, die sich verstärkt um Steuercausen kümmert.

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Im Zuge der (Selbst-) Anzeigen rund um die liechtensteinische Steuer-CD nimmt die Justiz den Finanzbehörden einen Zügel aus der Hand. Die Prüfung von Selbstanzeigen behält sich die Staatsanwaltschaft vor.

Wien – Die österreichische Justiz nimmt sich Steuerstrafsünder, oder besser der Abgabenhinterziehung Verdächtige oder Selbstanzeiger, enger als bisher an die Brust. Allein bei der Staatsanwaltschaft Wien beschäftigt man sich derzeit dem Vernehmen nach mit rund 60 Fällen – bei einem Großteil davon geht es um Selbstanzeigen, der Rest entfällt auf Anzeigen durch die Finanzbehörden.

Anlass: die Causa Liechtenstein-Steuer-CD. Dabei geht es, wie berichtet, um Kunden der liechtensteinischen LGT-Bank, von denen etliche ihre Einkommen nicht ordnungsgemäß versteuert haben, was auch in Österreich eine ganze Reihe von Selbstanzeigen zur Folge hatte. Auch bei Nicht-LGT-Kunden.

"In Wien wird derzeit jede Selbstanzeige von der Finanz sofort zum Staatsanwalt geschickt", bestätigt ein Jurist. Zur Erklärung: Bisher haben in aller Regel die Finanzbehörden wesentliche Punkte geklärt: Den hinterzogenen Betrag (ab 75.000 Euro sind die Strafgerichte zuständig) ebenso wie die Frage, ob Vorsatz vorliegt, und allenfalls, ob die Selbstanzeigen alle Voraussetzungen erfüllen, damit sie als strafaufhebend gelten. Erst wenn sie die Vorsatzfrage bejaht haben, haben sie die Sache bei der Staatsanwaltschaft angezeigt.

Nachdenkprozess

Mit der neuen Übung, zumindest die Selbstanzeigen selbst zu überprüfen, nützt die Anklagebehörde eine im Finanzstrafgesetz nicht klar geregelte Formulierung; denn wer den Vorsatz und/oder die Komplettheit einer Selbstanzeige prüfen muss, ist dort nicht geregelt. "Die Causa Steuer-CD aus Liechtenstein hat einen Nachdenkprozess ausgelöst, die Überlegungen, ob die Zuständigkeiten so bleiben, sind aber noch nicht beendet", erklärt man in der Justiz.

Die Interpretation, dass die Justiz der Finanz bei Steuerverfahren zumindestens einen Zügel aus der Hand nehmen will, teilt man im Finanzministerium trotzdem nicht.

Laut einem Sprecher habe man Anfang des Jahres, als sich die Causa Liechtenstein abzeichnete, Gespräche mit der Staatsanwaltschaft geführt, wie man zu verfahren gedenke. Die Staatsanwälte hätten die Prüfung der Vorsatzfrage "im Sinne der Rechtsstaatlichkeit" für sich moniert; also seien alle Verdachtsfälle (ab 75.000 Euro) bei ihr gelandet. Im Sommer habe die Justiz ob der Aktenflut "wieder zurück gewollt"; erst vor ein paar Tagen sei man, in Abstimmung mit dem Justizministerium, übereingekommen, dass die Finanz die Vorsatz-Komponente künftig wieder selbst prüfen werde.

"Die Vorschriftsmäßigkeit der Selbstanzeigen können die Staatsanwälte dann ja prüfen", heißt es in der Finanz. Und, so wird betont: Es bestehe "bestes Einvernehmen zwischen den beiden Behörden". (Renate Graber, DER STANDRD, Printausgabe, 10.9.2008)