STANDARD: Wie viele Greifvogelarten gibt es in Österreich?

Frey: Bei uns brüten Wespenbussard, Schwarz- und Rotmilan, Rohr- und Wiesenweihe, Sperber, Habicht, Mäusebussard, Stein-, Kaiser- und Seeadler, Turm-, Baum-, Saker- und Wanderfalke, sporadisch auch der Rotfußfalke. Im Zoo Salzburg gibt es eine kleine Brutkolonie des Gänsegeiers, die allerdings gefüttert wird. Der Bartgeier ist 1986 wieder eingebürgert worden, brütet aber bisher nur vereinzelt.

STANDARD: Wie ist die Akzeptanz von Greifvögeln in der Bevölkerung?

Frey: Generell gut. Es gibt allerdings ein paar Konflikte mit einzelnen Interessengruppen, wie z. B. Taubenliebhabern in Bezug auf den Wanderfalken, Sperber oder Habicht.

STANDARD: Ist mit Konflikten zu rechnen, wenn der Seeadler häufiger wird?

Frey: Die Toleranz des Seeadlers gegenüber dem Steinadler in den Alpen ist gut, obwohl die Population wieder intakt und entsprechend zahlreich ist. Ob das in Niederwildgebieten gelingt, wird weitgehend davon abhängen, wie gut die Jägerschaft diesbezüglich aus- und weitergebildet wird.

STANDARD: Kommen Seeadler oft an die Greifvogelstation Haringsee?

Frey: Wir bekommen regelmäßig Adlerarten, darunter häufig Seeadler, als Patienten in die Station. Ursachen sind fast ausschließlich Vergiftungsfälle mit Carbofuran. Seltener treffen bei uns Seeadler mit Bleivergiftung ein, gelegentlich mit gebrochenen oder ausgerenkten Flügeln.

STANDARD: Wie wirkt Carbofuran?

Frey: Es bewirkt äußerst schmerzhafte Krampfzustände der gesamten Muskulatur. Erst wenn dabei die Atmungsmuskulatur erfasst wird, kommt es zu einem allmählichen Erstickungstod. Wer einmal den qualvollen Todeskampf eines betroffenen Tieres miterlebt hat, vergisst das nie.

STANDARD: Gibt es für vergiftete Adler eine Chance, wenn sie rechtzeitig gefunden werden?

Frey: Ja, eine Therapie ist möglich. Wir konnten auch schon mehrere Seeadler erfolgreich behandeln, sodass sie danach wieder in die Freiheit entlassen werden konnten. Darunter war auch ein Tier, das man uns schon als tot übergeben hatte und das nur noch leichte Pupillenreaktionen zeigte. (Susanne Strnadl/DER STANDARD, Printausgabe, 17.9.2008)