Moskau - Die Panik auf den internationalen Finanzmärkten hat gestern auch auf die Börsen in Russland durchgeschlagen. Aufgrund der starken Verluste setzten die russischen Börsen RTS und MICEX am Nachmittag sogar zeitweise den Handel aus. Bis dahin stürzte der MICEX-Index mehr als 18 Prozent auf 870 Punkte ab. Auch der russische Leitindex RTS setzte seine Talfahrt fort. Der Verlust betrug fast elf Prozent oder 83 Milliarden US-Dollar.

Damit hat der RTS seit seinem Allzeithoch am 19. Mai bereits rund 55 Prozent eingebüßt. Der russische Präsident Dmitri Medwedew führte die starken Kursverluste am russischen Kapitalmarkt bei einem Treffen mit der russischen Unternehmerlobby zu 75 Prozent auf externe Faktoren zurück. Der russische Premierminister Wladimir Putin bestritt, dass es einen Zusammenhang zwischen der Georgien-Krise und dem Einbruch am russischen Aktienmarkt gebe.

Analysten machten für den Kurseinsturz am Dienstag in erster Linie die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers und den fallenden Ölpreis verantwortlich. Am stärksten litten daher am Dienstag auch russische Bankaktien. Die Wertpapiere der zweitgrößten russischen Bank VTB notierten am Nachmittag 30 Prozent unter dem Schlusskurs vom Vortag. Auch die größte russische Bank, die Sberbank, verlor mehr als 20 Prozent.

Zentralbank greift ein

Russlands Zentralbank versorgte den Ein-Tages-Geldmarkt mit einem Rekordwert von 14 Milliarden US-Dollar. Bereits am Montag und vergangenen Freitag stellte die Zentralbank dem Markt 12,7 und 13,5 Milliarden US-Dollar zur Verfügung.

Finanzminister Alexej Kudrin hat erst kürzlich gefordert, dass Mittel aus dem russischen Wohlfahrtfonds, der aus den Einnahmen der Öl- und Gasexporte gespeist wird, in den russischen Aktienmarkt investiert werden sollen. Auch werden nun weitere Steuersenkungen für die russischen Ölunternehmen wahrscheinlicher.

"Wir haben keinen Zweifel daran, dass die Sicherheitspolster, die in der russischen Wirtschaft in den vergangenen Jahren geschaffen wurden, auch funktionieren werden", versicherte Putin am Dienstag. (Verena Diethelm aus Moskau, DER STANDARD, Printausgabe, 17.9.2008)