Warschau - Nach dem jüngsten Inzestfall in Polen hat die Regierung in Warschau die Strafen für Sexualverbrecher verschärft. Das Kabinett von Ministerpräsident Donald Tusk beschloss am Dienstag einen entsprechenden Gesetzentwurf. Nach Verbüßung ihrer Gefängnisstrafe sollten die Täter "obligatorisch" mit Medikamenten zur Senkung des Geschlechtstriebs behandelt werden, sagte Tusk. Falls sie dies ablehnten, sollten sie in eine geschlossene Anstalt eingewiesen werden.

Ziel der Maßnahmen sei nicht Rache, sondern größtmöglicher Schutz potenzieller Opfer, betonte der Regierungschef. Die Mehrheit im Parlament für die Gesetzesänderung ist sicher, weil auch die nationalkonservative Opposition das Projekt unterstützt.

Nach dem Entwurf soll unter anderem das Strafmaß für Kinderschänder auf drei bis 15 Jahre angehoben werden, bisher waren maximal 12 Jahre vorgesehen. Die Kontaktaufnahme mit Minderjährigen im Internet oder per Telefon soll unter bestimmten Umständen strafbar sein. In Ostpolen war im September ein 45-jähriger Mann festgenommen worden, der seine Tochter jahrelang sexuell missbraucht und zwei Kinder mit ihr gezeugt hatte. Die Tat löste Abscheu und Empörung aus.

Arbeitsgruppe zur "Reduktion des Geschlechtstriebs"

Der Premier hatte eine Arbeitsgruppe zur "Reduktion des Geschlechtstriebs der Pädophilen" eingesetzt, in der Gesundheitsministerin Ewa Kopacz, Vertreter des Justizministeriums und der Leiter der Kanzlei des Ministerpräsidenten, Slawomir Nowak, vertreten sind. Die Gruppe bereitete Vorschläge für Rechtsänderungen vor, die Strafen für Pädophile verschärfen sollen. Das Projekt sieht vor, dass Pädophile, die eine vorzeitige Haftentlassung anstreben, sich chemisch kastrieren lassen müssen. Nowak ist der Meinung, dass die Einführung dieser Regelung die Änderung der Verfassung nicht erfordert.

Verfassungsrechtler kritisierten die Regierungspläne. Sie betrachten die verpflichtende chemische Kastration als eine verfassungswidrige körperliche Strafe. Sie weisen auch darauf hin, dass das polnische und international geltendes Recht die ärztliche Behandlung einer Person, die sich dagegen wehrt, verbietet. (APA/dpa)