Sie sind der Horror der Parteistrategen, Meinungsforscher und Zeitungsmacher. Denn selbst eine Woche vor der Nationalratswahl wissen sie nicht, wo sie ihr Kreuzerl machen sollen - und halten so die Spitzenkandidaten und sämtliche Menschen, die sich professionell mit der Polit-Schlacht auseinandersetzen, auf Trab: die Unentschlossenen.

Ein gutes Drittel der Wahlberechtigten - so viele wie nie zuvor - zaudern und zögern derzeit noch bei ihrer Entscheidung. Viele davon schwanken zwischen zwei, ja manche sogar zwischen drei Parteien. Wer unter uns sind also diese wankelmütigen Zeitgenossen, die den Wahlausgang bis zur ersten Hochrechnung völlig unberechenbar machen?

Der Politikwissenschafter Peter Filzmaier muss es wissen. Er untersucht diese wachsende Spezies schon seit Jahren. Eines vorweg: Der Unentschlossene an sich "ist unzufrieden mit dem vorhandenen Angebot", erklärt der Experte. Seine "Parteienverdrossenheit" sei es auch, die ihn so lange zweifeln lässt.

Aus soziologischer Sicht ist der Unentschiedene eher ein jüngeres Semester, meist ein Twentysomething. Dazu kommt, dass sein privater Lebensentwurf tendenziell nicht dem klassischen Familienmodell - zwei Kinder, zwei Autos, zwei Hunde - entspricht. Unentschlossene sind eher ledig, noch nicht verheiratet, oder auch Alleinerzieher. Und: Der typische Late Decisioner ist - zumindest laut Umfragen - eine Frau. "Die Mehrheit der Unentschlossenen ist weiblich, und zwar signifikant", erklärt Filzmaier. Der Fachmann hat dafür eine einleuchtende Erklärung parat: "Männer sind in ihrer Meinung sturer, Frauen dagegen Argumenten zugänglicher. Vielleicht wägen sie deshalb mehr ab."

Für alle Parteien zahlt es sich aus, bis zuletzt um diese Stimmen zu buhlen. Denn sechs "Schnittmengen" machen Meinungsforscher aus, wo Verschiebungen bis zum Finale möglich sind: Der klassisch unentschlossene Protestwähler oszilliert derzeit zwischen FPÖ und BZÖ, die gebildetere Ausgabe davon zwischen Grün und LIF. Unschlüssige Arbeiter schwanken zwischen Rot und Blau, bürgerliche Städter zwischen Schwarz und Grün. Kleinstädter plagt tendenziell die Entscheidung zwischen ÖVP und FPÖ, besserverdienende Großstädter jene zwischen den Großparteien SPÖ und ÖVP.

Was die Wankelmütigen am 28. September meistens ankreuzen? Gar nix. Viele von ihnen bleiben laut Prognosen nämlich dann doch zu Hause. Oder wählen Weiß. (Nina Weißensteiner/DER STANDARD Printausgabe, 20./21. September 2008)