Foto: BASF

Durch das Ein- oder Ausschalten von Genen wird versucht, den Ertrag von Reispflanzen zu steigern.

Wiesen, Weiden, flaches Land. Darauf Kühe, die mehr ausgewachsenen Gämsen gleichen als Rindern. Flandern ist anders.

In Gent, der viertgrößten Stadt Belgiens und zweitgrößten der Region, schlägt das Herz der "grünen Biotechnologie" in Europa. Diese liefert die Hilfsmittel, Pflanzen zu optimieren, auf dass sie schneller wachsen, mehr Ertrag bringen oder resistenter gegen verschiedene Formen von Umweltstress sind. In den vergangenen Jahren haben im Technologiepark von Gent führende Pflanzenschutzfirmen wie Bayer, BASF oder Monsanto ihre Forschungszelte aufgeschlagen.
"Die Vernetzung zwischen Uni-Einrichtungen und privater Forschung ist hier einzigartig" , sagt Dirk Inzé vom flämischen interuniversitären Institut für Biotechnologie (VIB) bei einem Lokalaugenschein des STANDARD.

Gegenwind

Innerhalb der Mutteruniversität hat die VIB ein Zentrum für Pflanzen-Biotechnologie eingerichtet, das Inzé leitet. Die Forscher in Gent waren die ersten, die das genetische Material eines Bakteriums in eine Pflanze übertrugen, um so deren Eigenschaften zu ändern.

Trotz des Gegenwinds, den die Gentechnik in weiten Teilen Europas spürt, setzen Inzé und dessen Kollegen auf einen Meinungswandel in der Gesellschaft. Statt Emotionalität fordern sie "mehr Rationalität" bei der Diskussion. Außerdem verweisen sie darauf, dass angesichts des steilen Anstiegs der Weltbevölkerung, des zunehmenden Fleischkonsums und der nicht unbegrenzt vermehrbaren Ackerflächen auf Pflanzen-Biotechnologie nicht verzichtet werden könne. Nach Daten der Marktforschungsorganisation ISAAA wurden 2007 weltweit 114 Mio. Hektar mit genmodifizierten Pflanzen bebaut; das entspricht der gesamten Ackerfläche in Europa. Auf dem Kontinent gibt es Freilandversuche in Spanien, Portugal, Deutschland und Tschechien, andere Länder, auch Österreich, sperren sich.

15 Kilometer von Gent entfernt gibt es eine Außenstelle von Crop Design. Die belgische Biotech-Firma ist 2006 vom weltgrößten Chemiekonzern, der deutschen BASF, übernommen worden. Die Außenstelle ist ein großes Gewächshaus. Hier werden jährlich bis zu 10.000 verschiedene Gene u.a. in Reispflanzen getestet - jeden Tag, rund um die Uhr. "Der große Vorteil ist, dass in Belgien niemand Reis anbaut und so auch keine Krankheiten dazukommen" , sagt der technische Direktor von Crop Design, Wim Van Camp.

Bis zur Ernte wächst ein Teil der Pflanzen unter Idealbedingungen heran, andere werden verschiedenen Stresssituationen ausgesetzt wie hoher Salzkonzentration im Boden oder großer Trockenheit.

Reissetzlinge am Fließband

Van Camp deutet auf einen Apparat, durch den ein Fließband dicht aneinander gereihte, in Töpfen mit Barcode und Transponder steckende Reissetzlinge transportiert: "Sechs Bilder je Pflanze werden hier aufgenommen und analysiert, 3000 digitale Bilder pro Stunde." Die dabei gesammelten Daten liefern Erkenntnisse über die Eigenschaften der Pflanzen und somit über die übertragenen Gene.

Monsanto, der Agrarkonzern aus den USA, war auch an Crop Design interessiert, zog aber den Kürzeren und partizipiert nun indirekt über eine langfristige Kooperation mit BASF am Forschungs-Know-how der Belgier. Erste Produkte aus der gemeinsamen Pipeline wollen BASF und Monsanto 2012 auf den Markt bringen. Zusammen geben sie rund eine Mrd. Euro dafür aus.

Hans Kast, Chef der BASF Plant Science, sieht die "Gefahr, dass wir in Europa eine tolle Chance verpassen, wenn wir uns weiter strikt gegen die Gentechnik stellen" . Wichtige Teile der Forschung seien bereits in die USA abgewandert. (Günther Strobl aus Gent, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20./21.9.2008)