Im Wahlkampf 2006 hatte SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer zwar behauptet, schon zu wissen, wen er, sollte er Kanzler werden, mit der Kulturpolitik betrauen würde. Dass er in der Nacht vor der Angelobung am 10. Jänner 2007 ausgerechnet Claudia Schmied, eine Managerin der Kommunalkredit Bank, fragte, bereute er schon wenige Monate später heftig. Denn diese ließ sich bei der Suche nach einem Staatsoperndirektor nicht dreinreden und bestellte Dominique Meyer - zum großen Ärger des Kanzlers, der seinen Freund Neil Shicoff protegiert hatte. Mit diesem Coup, im Juni 2007 gelandet, ist im Prinzip das Wichtigste über Schmied erzählt.

Entgegen den SP-Versprechen war kein umfassendes Kulturministerium geschaffen worden: Die Kultur blieb schmückendes Beiwerk beim Unterricht, das die meisten Zeitressourcen bindet. Zudem ist Schmied auch für die Bundestheater und die "lebende" Kunst zuständig, also jene Bereiche, die zuvor Franz Morak (ÖVP) betreut hatte. Die ersten Monate verstrichen daher mit dem Einarbeiten: Die Sozialdemokratin mit Affinität nur zur Hochkultur hatte zu Beginn kaum einen Schimmer von der Materie. Das Team, das sie zusammentrommelte, auch nicht. Die Kulturpolitik stellte geradezu eine Überforderung dar.

Es gab nur das voreilige Versprechen, die Mindestverdienstgrenze abzuschaffen, um in den Genuss der Künstlersozialversicherung zu kommen, was sich aber nicht umsetzen ließ: Das diesbezügliche Gesetz wurde nur ein wenig humaner gemacht. Eine Künstlersozialversicherung, die den Namen verdient, tut daher weiter not. Es gab auch ein paar eingeflüsterte Ankündigungen, darunter die Einführung einer Content-Abgabe zugunsten der Filmwirtschaft, doch auch mit dieser scheiterte Schmied.

Ins Blaue hinein ließ sich die Quereinsteigerin per Gesetzesnovelle zusichern, mit den Bundesmuseen "Rahmenzielvereinbarungen" abschließen und "erforderliche Verordnungen" erlassen zu dürfen. Doch bisher machte sie keinen Gebrauch davon, weil sie die Ergebnisse der "museumspolitischen Initiative" abwarten wollte, die sie vor einem Jahr mit dem Ziel einer "Museumsreform" gestartet hatte. Die Verantwortlichen dürfte der Mut verlassen haben: Statt eines größeren Wurfes sind jetzt nur mehr Adjustierungen vorgesehen. Und um diese umzusetzen, ist es bereits zu spät.

Ähnliches gilt für die vor eineinhalb Jahren angekündigte Novelle zum Kunstgüterrückgabegesetz: Sie wurde nicht wie geplant vor dem Sommer verabschiedet; ob sie je in Kraft tritt, ist fraglich.

Weder gelang Schmied eine respektable Anhebung des Kulturbudgets (die SPÖ hatte im letzten Wahlkampf 200 Millionen Euro mehr versprochen) noch die ins Koalitionsabkommen aufgenommene Einführung von einem eintrittsfreien Tag pro Monat bei den Bundesmuseen. Auch die Gründung einer Stiftung "Pro Austria" zur Förderung der zeitgenössischen Kunst, im Juni 2007 von Gusenbauer unter Beifall der Künstler angekündigt, bleibt unerledigt.

Selbst bei ihren weiteren Personalentscheidungen ließ Schmied die erwartete Souveränität vermissen: Da es ihr nicht gelang, den erfolgreichen Wiener Max Hollein (Schirn und Städel Frankfurt) für das Kunsthistorische Museum zu gewinnen, negierte sie das von ihr erstellte Anforderungsprofil für die Generaldirektion - und bestellte Sabine Haag.

Abgesehen davon, dass Wilhelm Georg Rizzi als Präsident des Bundesdenkmalamts in Pension gehen musste: Schmied verzichtete darauf, Gestaltungsspielräume zu nutzen, und verlängerte einfach die Verträge von Georg Springer (Bundestheater), Klaus Albrecht Schröder (Albertina) und Peter Noever. Dieser darf daher bis zu seinem 71.Geburtstag MAK-Chef bleiben. Er hatte Schmieds Büro gratis zum Design-Showroom umgestaltet, dessen wahre Kosten die Ministerin zu verschleiern versuchte. (Thomas Trenkler, DER STANDARD/Printausgabe, 23.09.2008)