"Wie emotional legen Sie es an?", fragt Moderatorin Ingrid Thurnher zu Beginn der Diskussion. Im "Manolos" lautet die Antwort: Überhaupt nicht. Jede Gefühlsaufwallung wird hier von einem vielstimmigen "Psssssst" unterbrochen.

Auf Fußballplatzatmosphäre ist die schicke Bar nahe der Wiener Ringstraße, wo die Sozialdemokraten ein Public Viewing veranstalten, eben nicht eingestellt. Die brustschwache Soundanlage lässt kein Gejohle zu, an das Hinterzimmer einer Parteisektion erinnert nur die rauchgeschwängerte Luft. Der Altersschnitt liegt gefühlte 25 Jahre unter jenem der SPÖ-Wähler, anstelle von Frankfurtern gibt's Fingerfood, statt Spritzer dominiert Aperol Spritz.

Stimmung kommt in dieser Konstellation nur langsam auf. Ein etwas gelangweilter Zuhörer sehnt sich angesichts der nicht allzu pointenreichen Debatte sogar nach den Gags des verstoßenen Alfred Gusenbauer zurück. Der Ex-SPÖ-Chef hatte sein Gegenüber Wolfgang Schüssel einst vor laufenden Kameras zurechtgewiesen, er solle "nicht so einen Lavendel" reden. Die Wahlen verlor er trotzdem.

Dabei wäre das Publikum an sich guten Willens, auch das älteste Bonmot wird dankbar beklatscht. Sogar als Werner Faymann den von SPÖ-lern seit zwei Jahren bei jeder Gelegenheit angebrachten Vorwurf erhebt, Teile der ÖVP hätten den Abschied von der Macht nicht verkraftet, erntet er Applaus. Die Behauptung Wilhelm Molterers, für einen Wahlsieg im Gegensatz zu Faymann nicht alles zu tun, quittieren die Genossen mit höhnischem Gelächter ("da wird ma schlecht, Molti!"), als der ÖVP-Chef ein Wort für "starke Frauen an verantwortungsvoller Stelle" einlegt, schreit ein Jungfunktionär dazwischen: "Ja, am Herd." Als Molterer auch noch sagt, es dürfe keinen Kanzler von Dichands Gnaden geben, meint ein anderer Roter zufrieden: "Sehr gut. Ab morgen wird die ÖVP von der Krone nur mehr vernichtet."

Allmählich überdeckt der Klangteppich im Lokal das Durcheinandergerede am Fernsehschirm. Jeder hier sieht Faymann als Sieger, euphorisch klingt aber kaum einer. Ob die Performance beim Duell die Wahl entscheiden könne? Eine SPÖ-Mitarbeiterin winkt ab: "Das sind ja Profis. Die sind beide gut." (Gerald John, DER STANDARD, Printausgabe, 24.9.2008)