Wildes Dreinreden, gemeine Untergriffe, dazu eine hochaggressive Körpersprache, die zeitweise an japanische Sumo-Ringer erinnerte: Beim Kanzler-Duell im ORF am Dienstag boten sich der rote Anwärter Werner Faymann und sein schwarzer Widersacher Wilhelm Molterer 50 Minuten lang die Stirn. Und selbst unterhalb der Tischplatte begegnete man sich kämpferisch - mit möglichst breitbeiniger Sitzstellung.

Mehr als eine Million Österreicher verfolgten das TV-Spektakel, bei dem die Parteichefs von SPÖ und ÖVP einander nichts schuldig blieben. Seitdem fragen sich Wahlvolk wie Funktionäre: Können solche Streithanseln überhaupt wieder miteinander koalieren?

Zur Erinnerung: Auch im letzten Wahlkampf gifteten sich Wolfgang Schüssel (ÖVP), damals Titelverteidiger, und sein roter Herausforderer Alfred Gusenbauer (SPÖ) an, vor allem in Sachen Bawag-Skandal und Pflege-Notstand. Der Ausgang ist bekannt: Nach der Wahl fanden die Großparteien, wenn auch widerstrebend, zusammen.
Doch der Politikwissenschafter Peter Filzmaier, der auch die Kanzler-Konfrontation vor exakt zwei Jahren analysiert hat, hält heute fest: „Die Offensivität und Aggressivität der Diskutanten Faymann und Molterer war deutlich höher als jene von 2006." Gusenbauer habe damals versucht, sich Kanzler-adäquat zu präsentieren und deswegen weitgehend auf Selbstinszenierungsexzesse wie Taferln verzichtet. Schüssel wiederum musste als Amtsinhaber danach trachten, nicht allzu sehr aus der Rolle des Staatsmannes zu fallen.

Diesmal traten allerdings zwei Neubewerber für den Job des Regierungschefs an, das erkläre auch „ihre betont scharfen Abgrenzungen", erklärt Filzmaier.
Ist die Erde zwischen Molterer und Faymann nun endgültig verbrannt? Der Experte: „Dass sie unter Zwang, mangels Alternativen, nach der Wahl wieder zusammenkommen könnten, ist klar." Die Schlüsselfrage sei: „Wie kann es bei diesem Umgang gelingen, eine große Koalition neuen Stils nur ansatzweise zu kommunizieren?" Für diesen Fall lauere ohnehin das ganze Land erneut auf erste Dissonanzen: „Das macht alles noch schwieriger." Es droht also more of the same. (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, Printausgabe, 25.9.2008)