SPV

WOLFGANG MITTERER
Sopop
(col legno)
 Der Tiroler ist extrem vielseitig, so musste man sich nicht besonders wundern, als angekündigt wurde, Wolfgang Mitterer würde ein Pop-Album vorlegen. Von den Keyboards aus hat er schon immer Stiloffenheit mit elektronischen Mitteln demonstriert und als Soloperformer sein Gefühl für organisiertes Improvisationschaos vermittelt. Daneben war zu erleben, wie er aus der Orgel Modernität prügelt, und inzwischen hat Mitterer auch im Musiktheater einiges vorgelegt. Auch eine Kinderoper. Dem Mann ist also vielerlei zuzutrauen. Nun, Songs im engeren Sinne sind es keine geworden. Mitterer hat sich nicht zum Zweck der Reichweite selbst domestiziert. Auf Sopop hört man eine ziemliche Menge an offenen kleinen Musikkunstwerken, die - formal frei - ungeheure rhythmische Energie entfalten und ihre Stärke auch aus dem Farbenreichtum der Ideen zwischen Jazzrock und aktuellen Pop-Sounds beziehen. Auch die Stimmen von Birgit Minichmayr und Georg Nigl sind nicht dominant. Ihr Einsatz dient dem wunderbaren Ganzen. (tos)

WOLFGANG PUSCHNIG
Alpine Aspects - Hommage to O. C.
(Universal)
Schön, dass es eine Neuauflage des funkig-jazzigen Blasmusikprojektes gibt. Wolfgang Puschnigs Alpine Aspects nimmt sich hier auch der Musik von Ornette Coleman an und zeigt unverkrampft Puschnigs Qualitäten. Er ist der pointenreiche Organisator von Rahmenbedingungen, doch seine Heiterkeit hat immer eine musikalisch substanzvolle Seite. Er ist auch der eloquente Solist, und er bietet seinen Kollegen viel Platz zum improvisatorischen Durchatmen. (tos)

MOTÖRHEAD
Motörizer
(SPV)
Die Frage, ob würdeloses Altern nicht besser ist als das gesellschaftlich anerkannte und damit auch sanft eingeforderte würdevolle, lässt sich am besten mit Motörhead beziehungsweise ihrem Chef Lemmy Kilmister beantworten: Fuck yeah! Aktuellstes Argument einer grundsätzlich beinharten Argumentationslinie ist Motörizer, das egal wievielte Album des in Los Angeles wohnenden und dort gut in Whiskey eingelegten Motors dieser Hardrock-Institution. Gefangene werden nicht gemacht, und während andere Erneuerer des harten Genres wie, sagen wir, Queens of the Stone Age längst Alben verblassender Güte veröffentlichen, kommt Motörizer wie ein Dampfhammer daher: unerbittlich, schnörkellos und grimmig wie am ersten Tag - dreckiges Grinsen inklusive. Wir verneigen uns in Ehrfurcht, schielen ein wenig in Richtung neues AC/DC-Album, das im Oktober folgt, und freuen uns bis oben hin motörized gleich doppelt. Voll kindisch, super würdelos, einfach geil! (flu)

KINGS OF LEON
Only by the Night
 (SonyBMG)
Das Schicksal hatte die Würdigung des großartigen Vorgängers Because of the Times verhindert. Das soll nicht nochmals geschehen, wenngleich Only by the Night nicht die Dringlichkeit seines älteren Bruders besitzt. Das US-Familienunternehmens Kings of Leon entwurzelt sich hier zusehends von seinem charmanten Südstaaten-Rock, was stellenweise wüste, geile Rocker wie Crawl zeitigt, dann aber wieder zu sehr in Richtung U2 geht. Man höre nur Use Somebody. Das prüft die Liebe nämlich ungebührlich und wird nicht nachgesehen. (flu)
(Ljubisa Tosic, Karl Fluch  / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26.9.2008)