Wien - "Ich habe an fünf Arbeitstagen Gespräche mit internationalen Kandidatinnen und Kandidaten in verschiedenen europäischen Museen geführt, um einen bestmöglichen Überblick über deren Tätigkeit vor Ort zu erlangen und damit eine solide Entscheidungsbasis für die Regelung der Nachfolge von Herrn Generaldirektor Dr. Seipel zu begründen." Das schreibt Kulturministerin Claudia Schmied in Beantwortung einer umfangreichen parlamentarischen Anfrage, die ÖVP-Kultursprecher Franz Morak Anfang Juli im Zusammenhang mit der Bestellung von Sabine Haag zur Generaldirektorin des Kunsthistorischen Museums (KHM) richtete. Die Auskunft darüber, mit wem sie Gespräche führte, verweigert sie allerdings unter dem Hinweis auf vereinbarte Vertraulichkeit.

Hauptaugenmerk der 114 Punkte umfassenden Anfrage lag allerdings auf der Frage nach den Anforderungskriterien für den Posten, die Haag "nachweislich zu einem großen Teil nicht erfüllt", so Morak. Schmied unterstreicht in ihrer Beantwortung die wissenschaftliche Kompetenz Haags. Ein Generaldirektor sei immerhin zugleich wissenschaftlicher Leiter. Unter der im Ausschreibungstext geforderten "hohen internationalen Reputation" ist laut Schmied "primär die wissenschaftliche Kompetenz" zu verstehen. "Haag erbringt aufgrund ihrer wissenschaftlichen und organisatorischen Kompetenzen den Nachweis der erforderlichen Kriterien für die Leitung", so Schmied. Sie sei durch erfahrene Persönlichkeiten aus dem Museumsbereich auf Haag aufmerksam gemacht worden.

"Aus der Anzahl der öffentlichen Auftritte lässt sich die Fähigkeit zur erfolgreichen Leitung eines Museums nicht ermessen"

Der von Morak attestierten fehlenden "wirtschaftlichen und organisatorischen Führung eines Museums" in Haags Vita sowie der mangelnden Erfahrung im Umgang mit Sponsoren, Medien und der Öffentlichkeit hält Schmied die "organisatorischen Fähigkeiten und ihre Führungskompetenz" sowie die wissenschaftliche Reputation durch Haags Rolle als stellvertretende Direktorin der Kunstkammer seit 2002 sowie als wissenschaftliche Chefredakteurin des "Jahrbuchs des Kunsthistorischen Museums" entgegen. Die genaue Kenntnis des Hauses nennt Schmied als "beste Voraussetzung" für die Leitung des KHM. Die Bereiche Sponsoring, Öffentlichkeitsarbeit und Umgang mit Medien nennt Schmied "keine Primärkompetenzen" für die wissenschaftliche Leitung eines Museums. "Aus der Anzahl der öffentlichen Auftritte lässt sich die Fähigkeit zur erfolgreichen Leitung eines Museums (...) nicht ermessen", so Schmied.

Da sich Ausschreibungen laut Schmied "an einen sehr spezifischen - und damit eingeschränkten - Personenkreis wenden" und die darüber hinaus gehenden Gespräche durch Empfehlungen aus Museumskreisen zustande gekommen seien, sieht die Ministerin in ihrer Vorgangsweise keine "Scheinkriterien" (Morak). Zwischen dem "Nachweis der erfolgreichen wirtschaftlichen und organisatorischen Führung eines Museums" und der geringen Dauer der Tätigkeit Haags als Leiterin der Kunstkammer könne "kein Widerspruch gesehen werden". Die Ausstellungsfläche der Kunstkammer belaufe sich fast auf jene der Albertina, der Sammlungsbestand würde "nicht nur einem eigenen Museum entsprechen, sondern weltweit zu den bedeutendsten seiner Art" zählen sowie einen Kernbestand des KHM repräsentieren. (APA)