In den kommenden 20 Jahren soll auf dem ehemaligen Flugfeld Aspern ein neuer Stadtteil entstehen. Eine Marke dafür wurde schon kreiert: "Aspern. Die Seestadt Wiens".

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Wien - Grätzel, Viertel, Gstätten - sie alle bekommen mit der Zeit ihre Namen, mit denen sich die Menschen, die dort leben und arbeiten, identifizieren.

Damit der neue Stadtteil im Norden Wiens auf dem ehemaligen Flugfeld Aspern schon von vornherein einen positiven Anstrich hat, ließ die Wien 3420 AG, eine Firma, die eigens für die Konzeption des neuen Stadtteils gegründet wurde, das Areal "branden". Sprich: zu einer Marke machen. "Aspern. Die Seestadt Wiens", ließ sich die Kreativagentur Buero 16 einfallen, die Marke wurde am Donnerstagabend präsentiert.

Derweil ist die Seestadt noch eine grüne Wiese, beziehungsweise ein weißer Fleck auf der Landkarte. In den kommenden 20 bis 25 Jahren sollen auf 240 Hektar Fläche - das ist in etwa so groß wie die Wiener Bezirke Neubau und Josefstadt zusammen - 40.000 Menschen wohnen und arbeiten. Schon kommendes Jahr soll der Bau von Wohnungen beginnen.

Doch wo bekommt der Stadtteil plötzlich einen See her? Der soll 2009 ausgehoben werden. Wenn die ersten Bewohner 2012 dorthin ziehen, soll die 50.000 Quadratmeter große Lacke in einen 90.000 Quadratmeter großen Park eingebettet sein. Dann wird auch die U2 eine Station "Aspern" haben.

Emotionales Leitbild

"Bei Projekten dieser Größe macht frühzeitiges Branding durchaus Sinn", sagt Alexander Rudan, Vorstandsmitglied des Creativ Club Austria. "Es ist wichtig, ein Image zu produzieren, die Leute von den Vorteilen zu überzeugen." Josef Lueger, Marketingleiter der Aspern Flugfeld AG, erklärt: "Wir wollen ein emotionales Leitbild schaffen. So fühlen sich Interessenten entweder angesprochen oder wissen von vornherein, dass der Standort nichts für sie ist."

Damit aus Aspern auch ein guter Wirtschaftsstandort wird, nimmt die Wien 3420 AG vier Milliarden Euro in die Hand. Mit der Nähe zu zwei Stadtzentren (nur 30 Minuten bis in die Citys von Wien und Bratislava) und der Nähe zu den Flughäfen will Wirtschaftsstadträtin Renate Brauner punkten.

Stadtplaner äußern Bedenken an dem jungen Projekt: "Neubaugebiete sind meist Orte, die viel zu fertig sind und an denen die Menschen vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Das kann für die Menschen nicht passen", sagt Erich Raith, Städteplaner an der TU Wien. Dadurch bleibe kein Raum mehr, der "dem Leben überlassen werden kann". Die Menschen würden dadurch in die Rolle reiner Konsumenten gedrängt. Raith: "Da wird dann jeder Freiraum, den sich jemand nimmt, schnell als Vandalismus betrachtet." Freilich seien auch die Gesetze und Verordnungen nicht dazu angetan, diese Freiräume zu schaffen. "Die Bauträger haben gute Gründe, so und nicht anders zu bauen". Dass man zum Beispiel anstelle von Ö-Norm-geprüften Einheitsspielplätzen keine Gstätten stehen lässt, sei auch eine Haftungsfrage. (beke, fern, mil; DER STANDARD Printausgabe, 27./28.09.2008)