Wien/Frankfurt/Singapur  - Notenbanken haben nach der jüngsten Zuspitzung der Finanzkrise erneut Milliardensummen bereitgestellt, um ein Austrocknen des Geldmarktes zu verhindern. Die Europäische Zentralbank (EZB) legte am Montag einen Tender mit offenem Volumen auf, der die Liquidität im europäischen Bankensystem sichern soll. Auch in Asien und Australien pumpten die Zentralbanken Geld in den Markt. Die Finanzkrise hatte am Wochenende weitere Banken in Europa in Schwierigkeiten gebracht.

So musste der deutsche Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate Kreisen zufolge mit Milliardenkrediten gerettet werden. Das Münchner Unternehmen ist damit der erste Dax-Konzern, der wegen der Finanzkrise ins Straucheln geriet. Der belgische Finanzkonzern Fortis erhielt Milliardensummen von den Regierungen der Benelux-Staaten, die britische Hypothekenbank Bradford & Bingley wird verstaatlicht.

Banken horten Liquidität

In den USA hatte die Regierung zuletzt zahlreiche Banken vor dem Aus retten müssen. Die Kreditinstitute waren auch wegen der Engpässe am Geldmarkt in Schieflage geraten. Nach dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers vor zwei Wochen ist die Kreditvergabe unter den Banken weitgehend versiegt, weil die Institute ihre Liquidität horten. Die Notenbanken haben seither die Aufgaben des Geldmarktes zum Teil übernommen und Milliardenbeträge in das System gepumpt.

Allein am Montag stellte die Bank von Japan für die japanischen Kreditinstitute umgerechnet 12,4 Milliarden Euro bereit. Die australische Notenbank folgte mit umgerechnet 1,5 Milliarden Euro. Die EZB kündigte an, ihren zusätzlichen Euro-Tender bis mindestens über das Jahresende hinaus zu verlängern. Zudem bot sie bis zu 30 Milliarden Dollar für einen Tag an. Untereinander liehen sich Banken Dollar für einen Tag zu Zinssätzen von 2,0 bis 2,8 Prozent und damit zu Sätzen, die knapp über dem US-Leitzins liegen.

EZB-Ratsmitglied verteidigt Bankenrettung

EZB-Ratsmitglied Marko Kranjec hat die Rettung von Banken mit Hilfe öffentlicher Gelder am Montag verteidigt. Solche Rettungsaktionen seien "billiger, als einen Run auf die Finanzinstitute zuzulassen", sagte Kranjec in Riga. Seiner Meinung nach muss sich der gesamte Finanzsektor Schritt für Schritt von den in den Bilanzen der Banken schlummernden Risiken befreien.

"Dies muss in einer geordneten Art und Weise erfolgen. Wenn es gleichzeitig passiert, droht der Kollaps des Systems", mahnte der Chef der slowenischen Notenbank, der auch Sitz und Stimme im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat.

OeNB: "Beobachten Lage intensiv"

Angesichts der Verschärfung der Finanzkrise beobachten die Notenbanken der Eurozone die Situation weiterhin intensiv, sagte OeNB-Direktor Andreas Ittner am Montag. In Österreich gebe es laufend Gespräche zwischen Nationalbank (OeNB), Finanzmarktaufsicht (FMA) und den großen Kommerzbanken, "aber wir haben die positive Rückmeldung, dass die heimischen Banken von den Turbulenzen nach wie vor kaum betroffen sind", so Ittner.

Bereits am Sonntag hätten die Notenbanken intensiv die erforderlichen Liquiditätsmaßnahmen abgestimmt, die dann heute, Montag, im nötigen Umfang gesetzt worden seien. Zudem müsse man sich im Klaren sein, dass sich manche der nun in Europa betroffenen Banken in einer Spezialsituation befänden, etwa Fortis. "Wir in Österreich sind in einer deutlich anderen Situation", meinte der in der OeNB für Finanzmarktstabilität und Bankaufsicht zuständige Direktor. (APA/Reuters)