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Präsident Sarkozy will EU-Initiative zur Regelung der Finanzmärkte.

Foto: Reuters/Jean-Paul Pelissier

Paris - Wochenlang hatte die Regierung in Paris verlauten lassen, die französischen Banken hätten kaum in den US-Immobilienmarkt investiert und seien deshalb wenig anfällig für die Finanzkrise. Nach der Benelux-Bank Fortis gerieten gestern jedoch zwei frankophone Institute in den Griff der Finanzkrise: Die Zeitung Le Figaro berichtete, die Bank Dexia müsse eine Kapitalerhöhung vornehmen, um Verluste ihrer US-Tochter FSA wettzumachen.

Der Aktienkurs von Dexia verlor zeitweise über 31 Prozent, um sich in der Folge kaum mehr zu erholen. Die fünfzehntgrößte Bank des Euroraums gibt vor allem an Gemeinden und Lokalkörperschaften in Frankreich und Belgien Kredite. Die Regierungen der beiden Länder sagten umgehend ihre finanzielle Rückendeckung zu.

Die Dexia-Gruppe ist in Österreich und Osteuropa ein enger Partner der Kommunalkredit-Gruppe: Die Kommunalkredit steht mehrheitlich im Eigentum der Volksbanken-AG (VBAG 50,78 Prozent); Dexia Credit Local hält 49 Prozent. Bei Dexia-Kom - der gemeinsamen "Osteuropa-Bank" - hält Dexia die Mehrheit, die Kommunalkredit 49,2 Prozent.

Kommunalkredit und Dexia-Kom haben erst vorige Woche eine Kapitalerhöhung beschlossen. Abgesegnet wurden Aufstockungen von 95 Millionen Euro für die Kommunalkredit Austria und 60 Mio. Euro für Dexia-Kom. Marktgerüchte, Dexia könnte zu Verkäufen von Vermögensteilen gezwungen sein und dabei auch die Beteiligung an der Kommunalkredit in Österreich abstoßen müssen, wurden am Montag dementiert.

US-Engagements

Ebenfalls im US-Markt engagiert, hat die französische Bank Natixis bereits eine Kapitalerhöhung von 3,7 Mrd. Euro vornehmen müssen. Ihre Hauptaktionäre, darunter die französischen Sparkassen und Volksbanken, schossen das Geld widerwillig, aber mühelos ein. Der französische Staatschef Nicolas Sarkozy reagierte prompt: Er berief für heute, Dienstag, französische Banken und Versicherungen zu einem Krisengipfel ein. Die Präsenz von Premier Francois Fillon, Notenbankchef Christian Noyer und Wirtschaftsministerin Lagarde machte klar, dass der französische Staat gewillt ist, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen.

Im Unterschied zu anderen Ländern würde der bürgerliche Staatspräsident auch nicht vor Verstaatlichungen zurückscheuen. Die Frage ist eher, woher er die Mittel nehmen will. Schon jetzt ist die Lage der französischen Staatsfinanzen so schlecht, dass das soeben vorgestellte Haushaltsbudget nicht einmal die EU-Budgetvorgaben einhält und erneut das Defizit über 2012 hinaus verlängert. Außerdem droht Frankreich nun eine Rezession, wie Sarkozy vor wenigen Tagen einräumen musste.


Als derzeitiger EU-Vorsitzender ergreift der französische Präsident nun auch die Initiative für eine weltweite Regelung der Finanzmärkte. Er will Deutschland, Großbritannien, Italien und die Europäische Zentralbank zu "Vorbereitungsgesprächen" nach Paris einladen, um beim EU-Gipfel Mitte Oktober Vorschläge unterbreiten zu können, wie "die Grundlagen für ein neues internationales Finanzsystem gelegt werden" sollen. (Stefan Brändle, Paris, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30.9.2008)