Foto: AP/Markus Schreiber

Ursula von der Leyen am 6. März 2008 in Berlin mit Boxhandschuhen zum Auftakt der Aktion 'Gewalt gegen Frauen - Nicht mit uns' des Deutschen Olympischen Sportbundes. Mit der Aktion will der DOSB die Selbstbehauptungs- und Selbstverteidigungsfähigkeiten von Frauen in der Gesellschaft verbessern.

Foto: AP/Martin Meissner

Die deutsche Familienministerin am bundesweiten Aktionstag - 15. Mai 2008 - in Düsseldorf. Am Internationalen Tag der Familie wurde heute in Düren das 500. Lokale Bündniss für Familie gegründet.

Foto: Getty/Ralph Orlowski

Die siebenfache Mutter Ursula von der Leyen bei der Eröffnung des Kinderbetreuungszentrums von IKEA am 18. August 2008 in Wallau nahe Wiesbaden.

Ob sie denn nun "eine schlechte Mutter oder eine schlechte Ministerin" sein wolle. Seit Ursula von der Leyen im Dezember 2005 zur Ministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ernannt worden ist, musste sie sich diese Frage oft gefallen lassen. Eine Frage, die einem Mann nie zugemutet werden würde und die mehr über das Verständnis von geschlechtlich determinierten Rollen aussagt als das im 21. Jahrhundert noch zu wünschen wäre.

Und doch: Obwohl Von der Leyen die traditionelle Frauenrolle - eine mehrfache Mutterschaft - im Übermaß erfüllt, provoziert ihre gleichzeitige politische Aktivität an vorderster Front Konservative wie Liberale ebenso wie die Themen, die sie mit Nachdruck verfolgt. Dass sie sich besonders für die Einbeziehung der Väter bei der Erziehungsarbeit einsetzt - das neue Elterngeld beinhaltet zwei Vätermonate - brachte ihr nicht nur FreundInnen ein. Ein Umstand, der die deutsche Familienministerin zwar bedrückt, sie aber auch ermutigt, auf der richtigen Fährte zu sein.

In einem Interview gegenüber der Zeitschrift EMMA (03/06) resümmierte sie: "Vielleicht passe ich in keine Schublade, so wie ich lebe - und was ich tue. Einerseits erfülle ich mit meinen sieben Kindern das klassische Mutterbild in Deutschland - andererseits habe ich einen qualifizierten Beruf und mache eine politische Karriere. Das eine geht, das andere auch, aber bitte nicht beides gleichzeitig. Eine Mutter von vielen Kindern, die nicht zu Hause bleibt, wird oft noch als eine schlechte Mutter angesehen. Und eine Frau, die viele Kinder hat, kann keine gute Ministerin sein. Das ist leider noch typisch deutsch. An mir entzündet sich also die grundsätzliche Frage: Darf eine Frau mit vielen Kindern gleichzeitig erfolgreich im Beruf sein?".

Dass der allerorts verkündete Ruf nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf zumeist auf die Theorie reduziert bleibt, verspürt sie nicht nur am eigenen Leib und an den politschen Widerständen, die ihre Arbeit erschweren. Auch ihre Mutter, ebenfalls mit sieben Kindern gesegnet, hatte damit zu kämpfen und sich schlussendlich gegen den Job entscheiden müssen. Als Journalistin machte sie siebzehn Jahre "Erwerbspause", um ihre Kinder verpflegen zu können. Währendessen stieg ihr Mann Ernst Albert zum niedersächsischen Ministerpräsidenten auf.

Und wie schaut es bei Ursula von der Leyen persönlich aus? Wieweit beteiligt sich ihr Ehemann an der Familienarbeit?

"Nach dem ersten Kind war ich zehn Monate zu Hause", berichtete sie im EMMA-Interview, "Er hatte zwar von vornherein mitgemacht bei dem Kind, aber unterschwellig war uns beiden klar: Er verfolgt weiter die Vollspurkarriere ... und ich fahre Schmalspur. Das ging so bis zum dritten Kind. Ich arbeitete inzwischen Halbzeit...". Sie wurde immer unzufriedener, hatte das Gefühl, sowohl in der Familie als auch im Beruf zu versagen. Erst als die junge Familie aus beruflichen Gründen ihres Mannes nach Kalifornien übersiedelte, ging es ihr besser. Zum ersten Mal, so sagte sie, wurde ihr Muttersein positiv gesehen nach dem Motto: "Drei Kinder? Toll! Sie müssen ja vielfältig belastbar und organisationsfähig sein".

Als dann fünf Kinder da waren, sei ihr Mann mehr in die Familienarbeit eingestiegen und betreue seither die Kinder in demselben Ausmaß wie sie selbst. Wenn die Berufstätigkeit von Frauen erwünscht sei, müsse man sie mit den Kindern entlasten, lautet der Leitspruch der Ministerin. Sonst falle die Entscheidung gegen Nachkommen aus. Denn die entscheidende Frage sei heute nicht mehr, ob Mütter zu Hause bleiben, sondern ob sie überhaupt noch Kinder bekommen. Und "mehr Kinder in diesem Land ... Das ist das Wichtigste". (dabu/dieStandard.at, 07.10.2008)