Brüssel - Ein "Rat der Weisen" soll bis zum Jahr 2010 Vorschläge für die langfristige Zukunft der Europäischen Union ausarbeiten. Die Staats- und Regierungschefs der EU billigten am Donnerstag in Brüssel die Zusammensetzung der zwölfköpfigen Expertengruppe aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, der auch der österreichische Bevölkerungswissenschaftler Rainer Münz angehört. Sie kann damit in Kürze ihre Arbeit aufnehmen.

Es sei erfreulich zu berichten, dass auch ein Österreicher dieser Reflexionsgruppe angehören werde, sagte Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (S) nach den Beratungen der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel. "Ich glaube, das ist auch ein wertvoller Beitrag, den wir in diesem Zusammenhang leisten können", meinte Gusenbauer

Felipe Gonzalez als Leiter

Der frühere spanische Regierungschef Felipe González leitet das Gremium, dem auch Polens Ex-Staatschef Lech Walesa angehört. Der derzeitige polnische Präsident Lech Kaczynski äußerte harsche Kritik an der Nominierung des Friedensnobelpreisträgers, früheren Gewerkschaftsführers und Arbeiterhelden. Walesa passe wegen seiner angeblichen Geheimdienst-Vergangenheit in den 70er Jahren nicht in den Kreis europäischer Spitzenpolitiker und -experten.

Das offiziell "Reflexionsgruppe" genannte Gremium soll Vorschläge erarbeiten, wie das europäische Wirtschafts- und Sozialmodell gestärkt werden kann. Themen wie Energiesicherheit und Klimaschutz, Einwanderung und Bekämpfung des internationalen Terrorismus gehören ebenfalls dazu. Der "Weisenrat" soll auch Maßnahmen für mehr Bürgernähe in der EU vorschlagen.

Vizepräsidenten der Gruppe sind die frühere lettische Präsidentin Vaira Vike-Freiberga, und der Ex-Chef des finnischen Mobiltelefonherstellers Nokia, Jorma Ollila. Die weiteren Mitglieder sind neben Münz der ehemalige EU-Kommissar Mario Monti (Italien), der Stuttgarter Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (Deutschland), der Architekt Rem Koolhaas (Niederlande), der Journalist Richard Lambert (Großbritannien), die Ex- Gewerkschaftsführerin Nicole Notat (Frankreich), die Expertin für internationale Beziehungen, Kalypso Nicolaidis (Griechenland), und die Wissenschaftlerin Lykke Friis (Dänemark).

Die Idee für den "Rat der Weisen" stammt von Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, der ein solches Gremium zur Vorbedingung für weitere Beitrittsverhandlungen mit der Türkei gemacht hatte. Allerdings musste Sarkozy seinen Anspruch herunterschrauben. Das Wort "Erweiterung" kommt in dem Mandat für die Arbeitsgruppe nicht vor. Auch Gedanken zum Zusammenspiel von Ministerrat, Kommission und Parlament sowie zur EU-Finanzierung sind für die "Weisen" tabu. (APA/dpa)