These Arms Are Snakes

Foto: Trost

Zuerst klingt das Ganze, als habe jemand erfolgreich die alten US-Hardcore-Helden Fugazi wiederbelebt. Heftig vorwärtsdrängende, zwischen Punk und weißen Funk-Ansätzen changierende Gitarren. Wuchtige Drums - und ein Gesang, der Richtung Weltanklage und Gebrüll drängt. Das alles ergibt einen retrospektiven Sound, der aktuell gerade wiederentdeckt und geschätzt wird. Dass dabei versteckt auch mit sparsamen Elektronikeffekten und Synthesizern gearbeitet wird, fällt vordergründig gar nicht auf.

These Arms Are Snakes, seit 2002 von Seattle, Washington, aus in der Szene aktiv, sind das Beste, was der Gitarrenmusik härterer Gangart im Jahr 2008 passieren kann. Brian Cook, Ryan Frederiksen, Steve Snere und Chris Common führen auf ihrem neuen Album Tail Swallower And Dove ihre in früheren Bands wie Botch, Nineironspitfire und Kill Sadie erworbenen Fähigkeiten zur Meisterschaft.

Allein wie hier in Lucifer, dem fünften Track der CD, die Idee von Funk mit Korg-Synthesizer und brutalem Tribal-Drums-Geklöppel in die Clubs getreten wird, die Bassgitarre aufgeregt in der Magengrube wühlt und die HiHat über zweieinhalb Minuten malträtiert wird, um danach in einen siebeneinhalbminütigen, auch dem atmosphärischen Progressive Rock verpflichteten Song namens Ethric Double zu münden, zählt zu den späten Höhepunkten in einem nicht gerade mit Außergewöhnlichkeiten und euphorischen Hochgefühlen beschenkten Musikjahr 2008.

Zu diesem Zeitpunkt hat das Quartett auch alle etwaigen Vergleiche mit Fugazi hinter sich gelassen. Trotz des wenig variantenreichen Gesangs brodelt und dampft es in dieser Kunst der harten Schläge wie zuletzt nur bei den walisischen Kollegen Future Of The Left mit ihrer Arbeit Curses im Vorjahr.

Kampfmusik. Das letzte Gefecht. Ein gärender Hass gegen "die anderen", die ja, zu Ende gedacht, alle außer man selbst sind, befeuert einen selten in dieser Musikalität gehörten Furor, der durchaus auch nachvollziehbare Melodien zulässt.

In den schlechtesten Momenten ergibt das berechenbare, schablonenhafte Auslegungen des über die Jahrzehnte doch recht erwartbar gewordenen Hardcore-Genres. In den besten Passagen und Songs werden weite, durchaus zur Einkehr und zum Innehalten einladende Flächen aufgerissen. Die befördern in all der zum Geschäft gehörenden Umsetzung klaustrophober Überforderungsdepressionen und Übersprungshandlungen junger Männer an der Kippe zum Erwachsensein die Musik zu längerer Gültigkeit außerhalb des Tagesgeschäfts.

Dass These Arms Are Snakes diese Vorgaben gerade auch live zu intensivieren imstande sein sollten, kann man demnächst bei einem einzigen Österreich-Termin überprüfen. Gemeinsam mit der befreundeten Band Russian Circles donnert man am 28. 10. in der Wiener Arena. (Christian Schachinger / DER STANDARD, Printausgabe, 24.10.2008)