Sollte es bis jetzt noch jemandem entgangen sein - spätestens seit dem Pressegespräch, das Ruth Elsner am Dienstag bei Kaffee und Brötchen gab, ist es klar: Helmut Elsner, Ex-Chef der Bawag und in einem nicht rechtskräftigen Urteil zu 9,5 Jahren Haft wegen Untreue und Bilanzfälschung verdonnert, und seine Getreuen wissen noch immer nicht, worum es im Bawag-Prozess gegangen ist.

Ein Jahr lang wurde verhandelt, die Entstehung der Karibik-Verluste und ihre bilanzielle Behandlung wurden bis ins Detail nachvollzogen. Müßig nachzuerzählen, was da an kakanischen Zuständen nicht aus dem Keller der Bank, sondern aus ihrer Vorstandsetage zutage befördert wurde. Erinnert sei nur an umdatierte Protokolle geheimer Vorstandssitzungen, die Pro-Elsner-Aussage des von Elsner geradezu herbeizitierten Schwiegersohns, die sich als falsch erwies (und via Diversion erledigt wurde), an den Plastiksackerlkredit.

Helmut Elsner ist unschuldig, bis zu einem rechtskräftigen Urteil. Helmut Elsner sitzt seit 21 Monaten in Untersuchungshaft, was ausgesprochen lang ist. Seine Frau kämpft um seine Freilassung, was nett von ihr ist. Doch statt, wie in einem Rechtsstaat westlichen Zuschnitts üblich, neue Enthaftungsanträge zu stellen, das schriftliche Urteil abzuwarten und dann dagegen zu berufen, benützen Elsners und ihr Anwalt die Öffentlichkeit - dieselbe, der sie Vorverurteilung vorwerfen. Sie glauben, das vor Jahren Geschehene anhand der heutigen Finanzkrise - die ja noch den einen oder anderen Banker vor denRichter bringen könnte - verniedlichen und wegreden zu können. Eine Niederlage der Vernunft - nicht nur der juristischen. (Renate Graber, DER STANDARD, Printausgabe, 12.11.2008)