Die Kritik am EU-Schwenk, der in einem Brief von Werner Faymann und Alfred Gusenbauer an den Herausgeber der Kronen Zeitung, Hans Dichand, kundgetan wurde, fällt in dem Sammelband zu aktuellen Zeitfragen überraschend deutlich aus.

Schließlich fungiert Ex-SPÖ-Chef Franz Vranitzky gemeinsam mit Gertraud Auer Borea als Herausgeber des Sammelbandes. Am deutlichsten wird Wolfgang Petritsch, vor Jahren als potenzieller SPÖ-Außenminister gehandelt, inzwischen Botschafter in Paris. Er kritisiert die in Österreich vorherrschende Haltung zwischen "wir zu Hause" und "die da draußen" - gemeint ist Brüssel. "Briefe an Herausgeber von antieuropäischen getrimmten Boulevardblättern verstärken bloß diese verquere Sicht der Bürger", schreibt Petritsch an die Adresse seiner beider Parteifreunde.

Auch Vranitzkys langjährige außenpolitische Beraterin Eva Nowotny spricht von einem "Versagen der österreichischen Politik", dass man es nicht verstanden habe, die Begeisterung der EU-Beitrittsentscheidung zu konsolidieren.

Mehrere Beiträge sind auch überraschend aktuell, wie jener von Helene Schuberth über die Finanzmarktkrise. Einige Position der überwiegend von bekennenden Sozialdemokraten geschriebenen Texte sind nicht wirklich neu.

Da bereits 1994 der erste Sammelband veröffentlicht worden ist, wäre eine Zusammenfassung hilfreich gewesen, um besser die Veränderungen nachvollziehen zu können. Wie ein roter Faden zieht sich durch, dass der EU-Beitritt die entscheidendste Veränderung war. (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANRARD, Printausgabe, 12.11.2008)