Asiens Börsen sind auf das Niveau von 2003 zurückgefallen. Die Anleger fürchten, dass die Krise in den USA die asiatischen Exportnationen in eine lange Rezession reißen könnte. Auch wenn China für viele Nachbarn wie Japan die USA als wichtigsten Handelspartner überflügelt hat, blieben die Amerikaner die wichtigsten Abnehmer der Autos oder Fernseher.

Doch nun haben die überschuldeten US-Bürger das Kaufen eingestellt. Die Folge: Die Firmen in Asien erleben derzeit den schnellsten Nachfrageeinbruch der jüngeren Erinnerung.

Allein Japans Exporte, bisher der Wachstumsmotor von Asiens größter Volkswirtschaft, brachen im Oktober insgesamt um 7,7 Prozent, nach Europa sogar um 17 und in die USA um 19 Prozent ein.

Die Krise der wichtigsten Absatzmärkte der Welt trifft Asiens größte Volkswirtschaft härter als die Nachbarn. China und Südkorea erwarten noch, dass ihr Wachstum nur auf für europäische Verhältnisse immer noch hohe rund acht und drei Prozent abbremst. Japan jedoch befindet sich bereits jetzt in der Rezession, bevor die Krise wirklich begonnen hat. Und die OECD sagt bereits voraus, dass Japans Wirtschaft auch 2009 schrumpfen wird.

Denn gleichzeitig werden die Firmen hart durch die rasante Aufwertung des Yen gegenüber dem Dollar und vor allem dem Euro getroffen. Der Dollar notierte am Donnerstag bei 94 Yen, mehr als 20 Prozent leichter als noch vor einigen Monaten. Der Euro ist gar von 169 Yen Ende Juli kurzzeitig auf 114 Yen abgerutscht. "Das Zusammenspiel von Wirtschaftskrise und Yen-Stärke ist historisch einmalig für uns", beschreibt Makoto Kawamura, Chef des Elektronikherstellers Kyocera, den Ernst der Lage. Selbst der Vorzeigekonzern Toyota, 2007 noch der profitabelste Pkw-Hersteller der Welt, droht durch den Doppelschlag in die roten Zahlen gedrückt zu werden.

Krisencocktail in Tokio


Auch die bisher gesunden Banken Japans müssen Kapital aufnehmen, um ihre Eigenkapitalquoten hoch zu halten. Wegen dieses Krisencocktails hat Japans Aktienmarkt seit Sommer etwa die Hälfte seines Wertes eingebüßt, mehr als alle anderen großen Finanzplätze.

Die Finanzkrise bewegt die Märkte nicht mehr so stark, sagt Kenichi Watanabe, Chef von Japans größter Investmentbank Nomura, die gerade die europäischen und asiatischen Filialen der bankrotten Lehman Brothers aufgekauft hat. "Die Liquiditätskrise ebbt langsam ab, der Fokus verschiebt sich auf die Realwirtschaft und die Frage, ob die Regierungen weise reagieren."

Immerhin sind sie zu massiven Konjunkturpaketen bereit. China, Japan und Südkorea haben ihre bestehenden Konjunkturprogramme drastisch aufgestockt, die Notenbanken die Leitzinsen gesenkt. China kündigte an, die Benzinpreise zu senken, um die Wirtschaft zusätzlich zu stimulieren. Doch bis die Aufputschmittel wirken, werden noch Monate vergehen. (Martin Kölling aus Tokio, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.11.2008)