Wien  - Heizen wird immer mehr zum Luxus: Laut Caritas können es sich rund 310.000 Österreicher nicht mehr leisten, ihre Wohnung warm zu halten. Grund dafür sind die steigenden Kosten und fehlenden finanziellen Mittel für energiesparende Geräte oder Wärmedämmung. Diese Situation veranlasste die Caritas zu einer laut Präsident Franz Küberl "auf den ersten Blick recht ungewöhnliche" Kooperation mit der Energie-Control. Erarbeitet wurde ein Paket mit zahlreichen konkreten Maßnahmen zur Bekämpfung der "Energiearmut", das am Freitag in Wien vorgestellt wurde.

"In ärmeren Haushalten wird häufig den ganzen Tag geheizt, da die Bewohner aufgrund von Arbeitslosigkeit oder Krankheit mehr Zeit zu Hause verbringen", verdeutlichte Küberl die Situation. Außerdem müssen sie wegen ihrer finanziellen Situation öfter als "normale" Haushalte mit zusätzlichen Nebenkosten rechnen: zum Beispiel fallen Gebühren für Mahnungen oder für die Ab- und Anschaltung des Zählers bei Zahlungsverzug an. "In Summe zahlt ein sozial benachteiligter Haushalt mit einem monatlichen Stromverbrauch von 3.500 kWh bis zu 200 Euro mehr als ein 'normaler'", rechnete E-Control-Chef Walter Boltz vor.

Um diese "systematische Schlechterstellung" auszumerzen, lädt er alle Energieversorger zu einem Runden Tisch ein. Konkrete Vorschläge dafür habe er bereits: zum Beispiel eine österreichweite Vereinheitlichung der An- und Abschaltkosten - derzeit beträgt der Unterschied in den einzelnen Bundesländern bis zu 150 Euro, keine Erlagscheingebühren, die Möglichkeit von Ratenzahlungen und die kostenlose Installation von "Prepayment-Zählern". Diese ermöglichen die Bezahlung einer bestimmten Strommenge im Voraus. Damit soll es erst gar nicht zur Verschuldung kommen.

Energieeffizienz-Unterstützungsfonds

Auch schlecht isolierte Wohnungen und alte Geräte lassen die Energiekosten in die Höhe schnellen. Für die Anschaffung energiesparender Modelle oder Wärmedämmung fehlt es den Betroffenen an Geld. "Wir halten es für sinnvoll, einen Energieeffizienz-Unterstützungsfonds zu schaffen, der Energieberatungen und finanzielle Mittel bereitstellt", so Boltz. Als erster Schritt startet in Wien ein Pilotversuch. "30 bis 50 bedürftige Haushalte werden gegen einen symbolischen Beitrag eine Energieberatung erhalten. Bei Bedarf werden alte Geräte gegen neue, energiesparende ausgetauscht." Aus dem Pilotprojekt soll sich im Rahmen des geforderten Unterstützungsfonds eine flächendeckende Kampagne entwickeln, die Hilfestellung anbietet.

Außerdem schlagen E-Control und Caritas einen bundesweit einheitlichen Energiekostenzuschuss für sozial schwache Haushalte in der Höhe von 200 Euro pro Haushalt vor. "Als Abwicklungsstelle wäre die GIS denkbar", so Boltz. "Die ist bereits für die Befreiung von den Rundfunkgebühren und für den Fernsprechentgelt-Zuschuss zuständig." Weiters schnürt die E-Control an einem Informationspaket für Sozialberater, damit diese ihren Klienten in Energiefragen schnell und effizient Auskunft geben können.

Abseits dieser konkreten Maßnahmen wird auch Tatkraft von der Politik eingefordert. "Im Bereich der Sozialhilfe beziehungsweise der bedarfsorientierten Mindestsicherung sollten Mittel für den Umstieg auf energieeffiziente Geräte vorgesehen werden und die Mittel der Wohnbauförderung müssten verstärkt für die thermische Sanierung von Wohnungen und zum Austausch von energiefressenden Geräten genutzt werden", so Küberl. "Energiesparen ist für alle Menschen, egal ob arm oder reich, notwendig und wichtig. Für arme Menschen ist es auch existenziell." (APA)