Trister Stahlbeton im Gemeindebau am südlichen Stadtrand: Um die Zufriedenheit der Bewohner des Karl-Wrba-Hofs in Wien-Favoriten zu heben, schauen regelmäßg Sozialarbeiter vorbei.

Wien - "Irgendwann", sagt Herta K., "fängt man an, es persönlich zu nehmen." Seit gut eineinhalb Jahren kämpft die Wienerin nach der Trennung von ihrem Partner um eine Gemeindewohnung. "Zuerst hieß es, es fehlten noch wichtige Papiere. Dann sagte man mir, dass ich bereits eine Wohnung in Kärnten besäße - was nicht stimmte. Und als das geklärt war, ließ man mich erst einmal warten." Dann endlich der lang ersehnte Brief, in dem ihr Wiener Wohnen mitteilte, ihr werde eine kleine Wohnung im 19. Bezirk zugewiesen, sie möge sich bezüglich eines Besichtigungstermins melden.

"Der Herr am Telefon hat mir dann allerdings gesagt, es werde doch nichts draus. Ich müsste noch länger warten, dafür bekäme ich dann aber eine größere und günstigere Wohnung." Einige Zeit später dann der nächste Brief von Wiener Wohnen. Darin wurde K. eine Wohnung im 2. Bezirk angeboten - kleiner und teurer als jene, die man ihr zuerst in Aussicht gestellt hatte. "Da fühlt man sich schon schikaniert", sagt K. Es komme sehr selten vor, heißt es bei Wiener Wohnen, dass man ein Angebot zurückziehen müsse, in diesem Fall habe man übersehen, dass einige Wohnungen im betreffenden Bau im 19. Bezirk zusammengelegt werden.

Die durchschnittliche Wartezeit auf eine Gemeindewohnung beträgt offiziell ein Jahr. "Wiener Wohnen behandelt Gemeindebaumieter wie Bürger zweiter Klasse", sagt VP-Wohnbausprecher Norbert Walter. Abgesehen davon, dass manche auch drei Jahre auf eine Wohnung warten müssten, lasse der Service von Wiener Wohnen zu wünschen übrig: "Beschwerden landen im Nirwana, weil niemand direkt zuständig ist", kritisiert Walter. Im Fall des Hugo-Breitner-Hofes, einem der größten Gemeindebauten in Wien, ging die Unzufriedenheit mit Wiener Wohnen so weit, dass sich manche Mieter nach einem neuen Hausbetreuer umsahen. Sie regten sich vor allem über den schlecht gemähten Rasen auf. Wiener Wohnen hatte die Rasenbetreuung einer Tochterfirma übergeben - davor hat ein Privater dieselbe Arbeit wesentlich günstiger erledigt.

Seit der Auslagerung der Hausbetreuung in das städtische Subunternehmen Wiener Wohnen, die 2000 erfolgte, hat nicht nur die Opposition keine Kontrollmöglichkeiten mehr in diesem Bereich. Weil nun alle Fäden bei der Wien-Tochter und ihren Subunternehmen zusammenlaufen, greift auch der Wohnbaustadtrat selbst weniger in die Gemeindebauverwaltung ein.

Gegen die "Erbpacht"

Anderseits will die SPÖ im Gemeindebau aber durchaus präsent bleiben - schließlich gilt es bei den Wien-Wahlen 2010 gerade in den klassischen ehemaligen Arbeiterquartieren jede Menge Wähler von der FPÖ zurückzugewinnen. Lädt Wiener Wohnen Mieter zu einer Informationsveranstaltung, bittet man mitunter ins SP-Sektionslokal ums Eck - sehr zum Ärger der Opposition. "Wiener Wohnen darf keine Vorfeldorganisation der SPÖ sein. Mieter dürfen nicht gezwungen werden, für Infos in ein SPÖ-Parteilokal zu pilgern", sagt VP-Gemeinderat Bernhard Dworak.

Abschaffen wollen Schwarz und Grün außerdem die "Erbpacht" auf Wohnungen. Wer eine Gemeindewohnung ergattert, kann sie nämlich - anders als in den meisten andern Großstädten - an die Kinder weitergeben, auch wenn diese finanziell nicht darauf angewiesen sind. Laut Wohnbaustadtrat Michael Ludwig garantiere das die "soziale Durchmischung." (Marijana Miljkovic, Martina Stemmer, DER STANDARD Printausgabe, 22./23.11.2008)