Schwarzkopf & Schwarzkopf

Er bringe Bilder zum Singen, schreibt Bob Neuwirth über Barry Feinstein, und Neuwirth ist ein verlässlicher Gewährsmann für diese Feststellung, hat er doch als Wegbegleiter der Folkszene seit den frühen Sechzigerjahren in Blitzlichtgewittern ausgeharrt. Der Vergleich mit dem Singen liegt auch insofern nahe, als es bei den Fotos, die Reporter und Hollywood-Porträtist Feinstein gemacht hat, um Bob Dylan geht.

Tatsächlich hatte Feinstein offenbar ein Wellenspektrum, Vibrations, mit dem Troubadour gemein. Das merkt man an der Auswahl, die als großformatiger Band in prächtigem Schwarz-Weiß vorliegt. Viele der Fotos entstanden wie beiläufig, geschossen von einem, der überall dabei war, akzeptiert wurde und nicht mehr auffiel. Damit gelangen ihm Szenenbilder hinter den Kulissen und Bühnen, Einblicke in Massenhysterie und in Müdigkeit, Intimes wie Inszeniertes. Real Moments in der Tat; Bob Dylan 1966-1974 allerdings ist ein wenig irreführend: Es gibt drei Fotos aus den frühen Sechzigern (darunter das schöne Cover der zweiten LP, Dylan als angehender working class hero), die meisten sind von der UK- & Europatournee 1966, der Rest aus den USA1974, dazwischen nichts.

Egal, das Buch begleitet die derzeitige x-te Dylan-Renaissance würdig und verdeutlicht seine seinerzeitige Ausstrahlung. Begleitende Kurztexte mögen manchmal unbedarft und hagiografisch daherkommen ("Bob liebte es, mit älteren Menschen zu plaudern", "Das sind die Hände, die all diese großartigen Songs geschrieben haben") - aber wer liest schon? Lieber möge man schauen, wie die acht Jahre Zwischenraum den Sänger und Schreiber verändert haben: eine neue Persona, ein ziemlich anderes Wellenspektrum - und das war erst der Anfang. Man muss kein Dylan-Fan sein, um dieses Buch zu mögen (obwohl es sicher hilft); man kann es auch einfach als gute Fotoreportage sehen und als Zeichen aus einer Zeit in den USA lesen, die in den letzten Wochen ein wenig nähergerückt erscheint. (Michael Freund / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22./3.11.2008)