Warschau - Der Leiter des polnischen Inlands-Geheimdienstes (ABW), Krzysztof Bondaryk, soll von seinem früheren Arbeitgeber, dem Mobilfunk-Unternehmen PTC, eine Abfindung von 1,5 Millionen Zloty (390.879 Euro) bekommen haben, als er schon in seinem neuen Amt war. Diese Vorwürfe erhob am Montag die polnische Anti-Korruptionsbehörde CBA. Jetzt wird sich der Geheimdienstausschuss des Parlaments mit dem Fall befassen.

Die Affäre brach Mitte November nach einem Artikel in der Tageszeitung "Gazeta Wyborcza" aus. Die Zeitung schrieb, dass die Sache mit der "riesigen" Abfindung für Bondaryk von der CBA-Zentrale durchleuchtet wurde. CBA-Chef Mariusz Kaminski kam zum Schluss, dass Bondaryk das Einkommen verheimlichte und wandte sich offiziell an Premier Donald Tusk mit der Bitte um Hilfe bei den Ermittlungen. Laut dem polnischen Fernsehsender TVP Info beschloss der Geheimdienstausschuss des Parlaments am vergangenen Freitag, sich mit dem Fall zu befassen. Durch den Ausschuss sollen sowohl Bondaryk als auch Kaminski verhört werden.

Politisch motiverte Übereifrigkeit

Die Politiker der rechtsliberalen Regierungspartei Bürgerplattform (PO) werfen nun Kaminski, der noch von der Vorgängerregierung zum CBA-Chef berufen wurde, politisch motivierte Übereifrigkeit bei der Ermittlungen vor. Medienberichten zufolge sollen bei der Untersuchung des Bondaryk-Einkommens zuerst zwei und dann sogar drei CBA-Agenten engagiert worden sein. Im Lauf der Ermittlungen stellten sie angeblich 396 Fragen an 198 Finanzinstitutionen. Premier Tusk, der Bondaryk zum Geheimdienstchef bestellt hatte, reagierte nervös auf die Informationen. "Wenn sich die Pressemeldungen bestätigen, erwarte ich Erklärungen, womit sich die Anti-Korruptionsbehörde tatsächlich befasst", kommentierte Tusk die aktuellen Ermittlungen.

Die Schaffung der CBA war ein Vorzeigeprojekt der Vorgängerregierung unter der rechtskonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Der Behörde wurde jedoch bald vorgeworfen, mit Hilfe von Provokationen und gefälschten Dokumenten gegen politische Gegner der PiS zu ermitteln. Prominentes Beispiel war damals die ehemalige PO-Abgeordnete Beata Sawicka. Kurz vor der letzten Parlamentswahl veröffentlichte CBA-Chef Kaminski Video-Aufnahmen, die Sawicka der Korruption überführen sollten.

Trotz der Vorwürfe, er habe seine Position für politische Ziele missbraucht, blieb Kaminski auch nach dem Regierungswechsel in Polen im Amt. Der neue Premier Tusk kam damals zum Schluss, dass es keine rechtliche Grundlage für eine Entlassung gebe. Die Amtszeit von Kaminski endet regulär im Jahr 2010. (APA)