2009 wird es endlich wieder ein edles Anfängerbike von Kawasaki geben - die ER-6f.

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Kawasaki

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Es war weniger Stolz, der das Antlitz meiner Eltern erfüllte, wenn ich um den Autoschlüssel bat. Es war viel mehr Angst. Es war weniger Angst um mich als viel mehr um das Auto. Was vielleicht daran lag, dass nach meiner ersten Ausfahrt die Werkstatt gleich einmal zwei Wochen beschäftigt war. Der Kotflügel hat gesponnen.

Wenige Tage später - das Auto war grad wieder heil - rief ich meinen Vater in der Nacht an, um ihm zu raten, den Traktor vom Nachbarn zu holen, um sein Auto aus dem Acker zu ziehen, so er in der Früh damit in die Firma fahren wolle. Er hat meinen Rat befolgt. Aber den Wagen fuhr mein Vater Stunden später nicht ins Büro. Der stand schon auf einer Hebebühne.

Niemand im ganzen Ort hat sich daher gewundert, dass meine Mutter versuchte, mich von Motorrädern fern zu halten. Da gab sie mir eher das Auto und eine Aufgabe, die ihr auf die Schnelle einfiel. Nur damit ich nicht zum Motorradhändler gegenüber der Autowerkstatt konnte, um mir dort ein Motorrad auszuborgen.


Das war sie, die Kawasaki GPZ 500 S, 1994.

Ich kam natürlich schnell drauf, dass ich nur das Auto zerstören musste und schon konnte mich nichts mehr vom Motorradfahren abhalten. Ich hab das Auto natürlich in weiterer Folge nur deshalb so oft und gerne in die Werkstatt gestellt, um dann einen Tag lang die Kawasaki GPZ reiten zu können. 500 Kubikzentimeter, Paralleltwin. Gedrosselt. Die GPZ hatte weniger Pferde als der Tag, an dem ich fuhr, Grade Celsius im Schatten. Ein Wahnsinn, wie die Kawa abging. Und sie sah geil aus. Das war Motorradsport pur. Und ich war so stolz, wenn ich das Motorrad vor einem Kaffeehaus abstellte und mich mit einem Glas Limonade so hinsetze, dass ich sie immer anschauen konnte. Die GPZ ist schuld, dass ich bis heute so narrisch auf Motorradl bin. Wer schuld daran ist, dass die Werkstatt gegenüber bis heute mehrmals ausbauen konnte, weiß ich nicht.

Ich fand es schade, dass es zu "meiner" GPZ, die ich selbst nie besaß, nie ein Nachfolgemotorrad gab, mit dem ich mir vorstellen konnte, den Start ins Motorradleben zu machen. Bis jetzt. 2009 wird es endlich wieder ein edles Anfängerbike geben. Wieder von Kawasaki. Die ER-6f. Sie hat einen 649 Kubikzentimeter großen Paralelltwin und schaut super sportlich aus. Und das ist wichtig. Was nutzt das edelste Radl, wenn es ausschaut wie ein Mountainbike auf Halluzinogenen?


Und das ist der Nachfolger: die ER-6f.

An der ER-6f hat Kawasaki nicht viel geändert. Dort und da wurde ein wenig verbessert. Der Kühler ist ein wenig breiter, der Kat wurde aufgefettet, dem Rahmen wurde für mehr Handlichkeit ein wenig Steife genommen. Der Tank ist größer, die Kraftstoffeinspritzung wurde für mehr Drehmoment aus dem Drehzahlkeller optimiert und vorne kommt eine härtere Gabel zum Einsatz. Die wirklich große Neuerung ist aber das Styling. Während die nackte ER-6n nur leicht modifiziert wurde, hat man die verkleidete f in ein neues Kleid gesteckt, das ihr besser passt als den meisten Baywatch-Schauspielern ihr Badehoserl.

Der kultivierte Motor und das ordentliche Fahrwerk der ER taugen nicht nur Fahranfängern. Die ER gibt es für Stufenführerscheinbesitzer in einer gedrosselten Version. Perfekt zum Anfangen und ich hätte dafür Papas Porsche gegen die Wand gefahren, wenn er nur einen gehabt hätte. Richtig fetzig wird es aber, wenn die Drossel mit dem Ende des Stufenführerscheins in so hohem Bogen aus der ER-6f fliegt, wie es für Vögel typisch ist. Dann liegen nämlich 72 PS an und ein Drehmoment von 66 Newtonmetern. Dazu der handlingfreundliche 160er-Hinterreifen - und fertig ist der Kurvenräuber.

So ist die ER-6f Garant dafür, dass man um unter 7.000 Euro viele Jahre Spaß an einem sportlichen Motorrad hat. Und wer Eltern hat, die versuchen, sich quer zu legen, dem kann ich nur raten, beim Abendessen anklingen zu lassen, dass man den Flugschein machen möchte. Meine Eltern hätten mir ein eigenes Auto und ein Motorrad geschenkt, hätte ich nur versprochen, nie selbst am Steuerknüppel eines Fluggerätes zu sitzen. (Guido Gluschitsch)