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Hillary Clinton wird künftig die außenpolitischen Geschicke der USA leiten.

Foto: REUTERS/JOHN GRESS

Es ist erst ein paar Monate her, da machte sich Barack Obama noch lustig über seine Rivalin. Da spottete er über Hillary Clinton, die ihre weltpolitische Kompetenz damit begründete, dass sie acht Jahre lang First Lady im Weißen Haus war und in dieser Zeit 82 Länder besuchte. "Hat sie jemals hart verhandelt, hat sie jemals eine Krise managen müssen?"

Das alles ist Schnee von gestern. Am Montag stellten sich die Streithähne in demonstrativer Eintracht vor eine lange Galerie von Sternenbannern, wie sie der neue Präsident gern als Kulisse aufbauen lässt. In Chicago präsentierte Obama die Mannschaft, die seine Außen- und Sicherheitspolitik umsetzen soll. Und was der Buschfunk schon seit zwei Wochen vermeldet, ist nunmehr Fakt: Hillary Clinton, derzeit noch Senatorin des Bundesstaates New York, wird im Jänner als Chefin ins State Department einziehen.

Wirklich ausgeprägt sei die Animosität zwischen den beiden Wahlkämpfern ja nie gewesen, kommentieren Vertraute den professionell in Szene gesetzten Schulterschluss der ehemaligen Kontrahenten um die Präsidentschaftsnominierung der Demokraten. "Die Leute machen den Fehler, dass sie persönliche Feindschaft unterstellen, wo es in Wahrheit nur ein harter Wettstreit um die Kandidatur war", sagt Phil Singer, einst einer der Sprecher der Clinton-Kampagne. "Beide haben einen sehr gesunden Respekt füreinander."

Schon Mitte November hatte Team Obama, normalerweise extrem diszipliniert und verschwiegen, die Personalie Hillary durchsickern lassen - gezielt, wie man annehmen darf. Dass es dann doch so lange dauerte bis zu ihrer Ernennung, lag an den kniffligen Verhandlungen, die zu führen waren. Es sei zugegangen wie bei einer Fusion zweier großer Unternehmen, zweier Weltmarken, berichten Insider, wie bei einem Drama voller kleiner Krisen.

Gatte als Stolperstein

Als größter Stolperstein entpuppte sich das globale Spendernetzwerk, das Bill Clinton nach seinem Ausscheiden aus dem Oval Office geknüpft hat. Zu denen, die der Stiftung des Ex-Präsidenten jeweils mehr als eine Million Dollar aufs Konto überwiesen, gehören die Herrscherfamilien Saudi-Arabiens, Kuwaits, Katars und Dubais. Prompt war vom Risiko einer heimlichen Gegen-Außenpolitik die Rede, davon, dass der ergraute "elder statesman" die Strategie der Obama-Riege behindern, ja unterlaufen könnte. Was, wenn die kommende Außenministerin auf Distanz zu den Ölscheichs geht, während ihr Gatte sich von selbigen zu hoch dotierten Vorträgen einladen lässt?

Nach einem sorgfältig austarierten Kompromiss braucht Bill Clinton auf die Rolle des Globetrotters nicht zu verzichten. Allerdings behält sich Obama vor, gegen heikle Auftritte des charismatischen Redners ein Veto einzulegen. Außerdem müssen die William J. Clinton Foundation und die Clinton Global Initiative die Namen ihrer rund zweihunderttausend Spender offen legen. Bei künftigen Mäzenen soll geprüft werden, ob sich ihre Zuwendungen mit dem Anspruch einer ethischen Außenpolitik unter einen Hut bringen lassen.

Rätseln über den Kurs

So viel zum Vorgeplänkel, zum Auf und Ab des November. Was nun in den Vordergrund rückt, ist die Frage, welchen Kurs Obama mit seinen Ernennungen verfolgt. Clinton hatte im Vorwahlkampf stets härtere Positionen vertreten als er, ob es nun um Gespräche mit dem Regime in Teheran ging oder um den Zeitplan für einen Truppenabzug aus dem Irak.

Robert Gates, der alte und neue Verteidigungsminister, besaß zwar den Mut, noch unter George W. Bush die Grenzen amerikanischer Militärmacht zum Thema zu machen. Von "soft power" sprach der unscheinbar wirkende Bürokrat und davon, dass "wir offenbar alles vergessen haben, was wir in Vietnam gelernt haben". Es waren scharfe Abrechnungen mit dem Größenwahn der Neokonservativen. Dennoch geht die Berufung des Republikaners Gates entschiedenen Kriegsgegnern gehörig gegen den Strich, und sie stört jene, die Obama gerade wegen seines Neins zum Irak-Feldzug den Rücken gestärkt hatten.

Kritik und Zuspruch

Der Hoffnungsträger der Linken habe ohne Ausnahme "konservative, zentristische und promilitärische" Politiker in sein Sicherheitsteam berufen, beklagt The Nation, ein linksliberales Washingtoner Magazin. Den Antikriegsflügel der Demokratischen Partei habe er dagegen komplett ignoriert. "Einspruch!", protestiert die Riege der treuesten Obama-Anhänger. Wer in den alten Kategorien der Lagerkämpfe denke, habe den neuen Mann nicht begriffen. "Man nimmt nicht nur Leute, die einen im Wahlkampf unterstützt haben", sagt Claire McCaskill, eine demokratische Senatorin, die einst als eine der Ersten auf die Seite des designierten US-Präsidenten übergeschwenkt war. "Er will die Besten und Gescheitesten. Und er kümmert sich nicht darum, welche Farben sie tragen."(Frank Herrmann aus Washington, DER STANDARD, Print, 2.12.2008)