Wien - Eine 28-jährige Wienerin ist in ihrem Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt worden hat der Oberste Gerichtshof (OGH) in seiner Entscheidung 11 Os 140/08k festgestellt. Sie wurde erst 14 Tage nach Verhängung der U-Haft erstmals vom Straflandesgericht zum Tatverdacht vernommen.

Die Frau soll mit zwei Bekannten einen jungen Mann in seiner Wohnung überfallen haben. Der Mann soll ihnen angeblich zuvor Drogen gestohlen haben. Am 13. Juli wanderte das Trio deshalb in U-Haft, wobei die Frau zu diesem Zeitpunkt kaum ansprechbar war. "Sie gibt an, gerade erst geweckt worden zu sein, offenbar steht die Beschuldigte unter starken Medikamenten. Sie schläft bereits zu Beginn der Vernehmung ein. Eine Vernehmung zum Sachverhalt erscheint nicht möglich", hielt der Journalrichter protokollarisch fest.

Die U-Haft wurde mit Tatbegehungs- und Wiederholungsgefahr begründet. Die Frau wurde zur Tat allerdings erst zwei Wochen später im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen Haftprüfung vernommen und gefragt, ob sie sich zu den Vorwürfen schuldig bekenne. Die Staatsanwaltschaft ermittelte unter anderem wegen schweren Raubes.

Die Haft wurde dann fortgesetzt. Daraufhin hat die 28-Jährige beim Oberlandesgericht Beschwerde erhoben, der nicht Folge geleistet wurde. Daraufhin brachte der Anwalt der Verdächtigen eine Grundrechtsbeschwerde ein, in der er eine Verletzung der Strafprozessordnung (StPO) geltend machte. Er verwies auf eine Bestimmung, derzufolge jeder festgenommene Beschuldigte vom Gericht unverzüglich nach seiner Einlieferung in die Justizanstalt zu vernehmen ist. Dass dies bei seiner Mandantin erst bei der regulären Haftverhandlung nachgeholt wurde, sei verfassungswidrig. Der OGH pflichtete dieser Ansicht bei.

Grundlegende Verfahrensvorschrift

Eine dem Gericht übergebene Person müsse "ohne Verzug vom Richter zur Sache und zu den Voraussetzungen der Anhaltung" vernommen werden: "Dadurch soll dem Beschuldigten die Möglichkeit gegeben werden, zu den Vorwürfen in der Sache und zur Frage des Vorliegens von Haftgründen Stellung zu nehmen, seinen Standpunkt darzulegen und zu seiner Verteidigung Zweckdienliches zu beantragen und anzuregen."

Ist bei der Einlieferung in die Justizanstalt die Befragung unmöglich, muss laut OGH der Betreffende "zum ehest möglichen Zeitpunkt nach Wiedereintritt seiner Vernehmungsfähigkeit" vernommen werden. Im gegenständlichen Fall erscheine es anhand der Aktenlage unwahrscheinlich "dass dies in den 14 Tagen zwischen Verhängung und Fortsetzung der Untersuchungshaft nicht möglich gewesen wäre", so das Höchstgericht. Folglich sei gegen eine "grundlegende Verfahrensvorschrift" verstoßen worden, "deren Verletzung das Grundrecht auf persönliche Freiheit substanziell berührt". (APA)