M. Tomaschek, Obmann des österreichischen Coaching-Dachverbands.

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Gratwanderung Coaching: Was gutes Coaching ausmacht, welchen Schaden unprofessionelles Coaching anrichten kann, erklärte Michael Tomaschek, Obmann des Dachverbands für Coaching, Gudrun Ostermann.

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STANDARD: Der Begriff Coaching wird inflationär verwendet. Für alles und jeden gibt es einen Coach. Was macht gutes Coaching aus?

Tomaschek: Dafür ist eine differenzierte Betrachtung notwendig, denn Coach darf sich jeder nennen. Dazu kommt, das auch im Wirtschaftsbereich in den letzten Jahren vieles auf Coaching umetikettiert wurde, was eigentlich eine Fachberatung ist. Der Begriff lässt sich aus marketing-technischer Sicht eben gut verkaufen. Dabei gibt es gerade für Coaching im wirtschaftlichen Bereich eine ganz klare Definition und Abgrenzung.

Nach dem Coaching ja aus dem Sport kommt, ist auch die Erklärung dort zu finden. Ein Trainer macht fit für den Wettbewerb, und der Coach ist dazu da, den Athleten durch den Wettkampf zu führen. Sobald ein Coach seinem Kunden Skills beibringen möchte, ist es ein Training und kein Coaching mehr.

STANDARD: Welchen Schaden kann unprofessionelles Coaching anrichten?

Tomaschek: Wenn die Coachingleistung in Richtung Fachexpertise geht, kann im schlimmsten Fall auch eine Haftungsfrage zu klären sein. Dann nämlich, wenn unprofessionelle Coaches in Guru-Manier dem Coachee sagen, was er zu tun hat, und das dann negative Auswirkungen auf den Geschäftserfolg hat. Wichtig ist auch eine grundsätzliche Veränderungsbereitschaft des Coachees. Denn sonst kann es sein, dass egomanische Führungskräfte durch Coaching bestärkt werden wollen, und das ist kontraproduktiv.

Ein Coach muss eine Vogelperspektive einbringen und die Folgen und Konsequenzen aufzeigen. Coaches kommen häufig aus dem therapeutischen Bereich, und manche setzen dieses Können zu stark beim Coaching ein. Für eine Psychotherapie braucht es aber ein anderes Setting.

STANDARD: Wann sollte Coaching in Anspruch genommen werden? Wann ist es hilfreich?

Tomaschek: Den roten Teppich zum Erfolg muss jeder selbst ausrollen. Coaching macht dann Sinn, wenn es um Entscheidungsfragen geht, in dem der Führungskraft ein Reflexionsraum, eine Denkwerkstatt geboten wird, um salopp gesagt wieder zur Besinnung zu kommen. Es ist eine punktuelle Dienstleistung.

Beim professionellen Coaching wird davon ausgegangen, dass die Kunden reflexions- und leistungsfähig sind und Probleme selbst lösen können. Dennoch ist es eine Gratwanderung. Denn im Gegensatz zu Trainings oder Beratungen sind Coach und Kunde auf gleicher hierarchischer Ebene. Der Coach muss sich aber trotzdem als Experte verkaufen.

STANDARD: Und wie findet man den geeigneten Coach?

Tomaschek: Leider ist der Markt intransparent. Um den Richtigen zu finden, kann ein Probecoaching helfen. Wenn dabei der Coach Probleme analysiert und Ratschläge gibt, so ist das wahrscheinlich nicht produktiv im Sinne von Coaching. Aber der Begriff ist ein unscharfer, und viele wissen nicht genau, was Coaching eigentlich ist. Das Marktverständnis können wir nicht ändern. Und für den Kunden ist es wiederum schwierig, ausreichend zu differenzieren und jede neue Methode zu kennen.

Diese Verantwortung können wir nicht auf den Kunden übertragen. Dafür ist es für Coaches wichtig, Klarheit zu schaffen, was kann ich leisten und was nicht, und aus diesem Grund nicht jeden Auftrag anzunehmen. Das würde zu mehr Transparenz und auch zu einer Schärfung des Begriffs führen. (DER STANDARD; Printausgabe, 6./7./8.12.2008)