Begonnen haben damit Neocon-Ideologen wie Paul Wolfowitz und Richard Perle oder Aussteiger wie der frühere General und Außenminister Colin Powell. Aber jetzt breitet sich das Phänomen der "Asche aufs Haupt" auch in US-Regierungskreisen aus: Noch-Secretary-of-State Condoleezza Rice und sogar Präsident George W. Bush sprachen beide in TV-Interviews von Fehlern im Irak. Während Rice die Verantwortung für die Nachkriegszeit übernehmen will, bedauert Bush die "falschen Geheimdienstinformationen" über die angeblichen irakischen Massenvernichtungswaffen, die 2003 als Kriegsgrund angeführt wurden.

Damit bleibt er natürlich weit von jeder ehrlichen Systemkritik entfernt: Die Geheimdienste lieferten genau das, was die US-Politik von ihnen verlangte, manchmal mit Nachdruck. Und Bush wollte auch die Frage nicht beantworten, ob der Krieg trotzdem stattgefunden hätte. Das ist eine besonders interessante Frage in einer Zeit, in der der politische Einfluss der USA im Irak einen Tiefststand erreicht. Es gibt Analysten, die die Details der Irak-Invasion kritisierten, die durch den Krieg erreichte US-Präsenz im Irak jedoch als Stück realer US-Interessenpolitik sahen. Auch ihre Argumentation bricht jetzt weg. Die Amerikaner sind auf dem Weg hinaus und haben in der Region nichts erreicht.

Die Falken, die sich da an die Brust klopfen, haben dafür jedoch keine schlechte Zeit gewählt: Der Krieg ist heute anderswo, und die meisten Menschen interessiert am Irak-Abenteuer höchstens noch die Frage, inwieweit es zur derzeitigen wirtschaftlichen Misere beigetragen hat. Die Frage nach dem "Warum" wird jedoch noch Generationen von Politikwissenschaftern beschäftigen. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 9.12.2008)