Im Dunkelsteiner Wald soll der Räuber Hotzenplotz sein Unwesen getrieben haben. Dem Kinderbuchautor Otfried Preußler nach ist dies der Wald, in dem Kasperl und Seppi dem Bösewicht vor langer, langer Zeit auf die Schliche gingen. Wer heute am Rande des Dunkelsteiner Waldes in Niederösterreich spaziert, stößt zwar auf keine gerissenen Räuber, wohl aber wird er fündig ob der Ökosiedlung Hotzenplotz von Architekt Klaus Mathoy und Bauleiter Paul Braunstätter.

"Nein, wir haben keine Angst vor dem Räuber, wir wohnen gern hier", sagen Franz Redl und Claudia Pichl, die vor zehn Jahren eine von insgesamt sechs Wohneinheiten bezogen haben. Das Besondere an den Hotzenplotz-Häusern: Sie liegen in einem Hang und sind teilweise in die Erde eingegraben. "Ich habe früher in einer Dachgeschoß-Wohnung in Wien gewohnt", sagt Claudia Pichl, "das war zwar schön und luftig, aber ich wollte mich unbedingt wieder erden. Die Siedlung hier vermittelt einem Erdverbundenheit und Ruhe."

Weniger Heizenergie

Die Nähe zur Erde hat nicht nur Auswirkungen auf das psychische Wohlbefinden, sondern auch auf das Raumklima und auf die Bauphysik des Hauses. "Im Vergleich zu herkömmlichen Gebäuden verbrauchen Erdhäuser rund 15 Prozent weniger Heizenergie", erklärt Michael Bockhorni, der in den ersten Jahren nach der Fertigstellung der Ökosiedlung an der TU Wien eine Begleitstudie erstellt hat, "die umgebende Erde wirkt wärmedämmend, vor allem aber dient sie dem Haus als speicherfähige Masse und verbessert das Raumklima."

Angst vor zu wenig Licht braucht man selbst im Dunkelsteiner Wald nicht zu haben. "Die Räume sind sehr hell, und das überrascht viele", sagt Franz Redl, "schließlich steckt nicht das ganze Haus in der Erde, sondern nur ein Teil davon." Einige kleinere Nebenräume liegen unter dem aufgeschütteten Hügel und haben Dachflächenfenster. Die großen Wohn- und Schlafzimmer jedoch sind nach Süden orientiert. Davor liegt ein zweigeschoßiger, voll verglaster Wintergarten, der im Winter und in der Übergangszeit gleichzeitig als Wärmepuffer dient.

Nicht alle sind vom Konzept der Erdhäuser begeistert. Für den Bau der Ökosiedlung habe es einer Sonderregelung bedurft. Bürgermeister und Gemeinde konnten sich nur schwer vorstellen, dass die begrünten Erdhügel auf dem Rücken der Häuser zur Ästhetik der Landschaft beitragen. "Es stehen so viele unverputzte Einfamilienhaus-Leichen in der Landschaft herum, an denen sich niemand stößt, aber wenn man der Natur ihren Grünraum zurückgeben will, dann sind die Leute irritiert", so Redl.

Förderung gegen Erdhäuser

Auf Widerstand stoße man in manchen Bundesländern auch, was die Förderrichtlinien betrifft, weiß Michael Grugl vom Linzer Büro anytime architekten. "Manche Förderungen bevorzugen ökologische Baustoffe wie etwa Holz. Doch wenn man unterirdisch baut, kommt man nicht umhin, auch mit Ziegel zu bauen. Manchmal muss man die hangseitigen Wände auch betonieren. Hier wird man als Bauherr benachteiligt."

In Zusammenarbeit mit Günter Pichler und Christian Hackl bauten die anytime architekten in Freistadt ein Erdhaus, das den Beweis erbringt: Auch unter der Erde kann man zeitgenössisch und modern wohnen. Von naturbeiger Wollsocken-Ästhetik keine Spur. "In Bezug auf Erdhäuser gibt es in der Bevölkerung viele Vorurteile. Weil es nur wenige Erdhäuser gibt, können sich die Leute kein klares Bild davon machen", erklärt Grugl. "Wenn das Haus richtig geplant ist, ist es hell wie jedes andere auch."

Und was die Baukosten betrifft: "Natürlich ist ein Erdhaus in der Errichtung aufwändiger, aber dafür spart man wiederum Kosten bei der Wärmedämmung und bei der Fassade", erklärt Grugl, "unterm Strich traue ich mich zu sagen, dass ein Erdhaus um keinen Cent teurer ist." Über die geologischen Verhältnisse sollte man sich im Klaren sein: je weicher und lehmiger der Boden ist, desto aufwändiger die statischen und feuchtigkeitsrelevanten Maßnahmen. Die Erdbeschaffenheit wirkt sich auf die Baukosten erheblich aus. (Wojciech Czaja, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.11.2008)