Im Mai 2009 ist es wieder so weit: Astronauten werden ins All aufbrechen, um Hubble einem Rundumservice zu unterziehen.

Foto: NASA

Als Nasa-Chef Sean O'Keefe vor fünf Jahren die letzte Reparaturmission zum Weltraumteleskop Hubble absagte, schlug ihm eine Welle der Empörung entgegen. Die lautesten Buhrufe kamen aus der Bevölkerung, die sich wie nie zuvor für ein wissenschaftliches Projekt ins Zeug warf. Sogar Schulkinder boten an, Geld für Hubble zu sammeln.

Die US-Weltraumbehörde erholte sich seinerzeit von der Katastrophe der Raumfähre Columbia. Es schien nicht die Zeit für Risiken. Ein neuer Chef brachte zwei Jahre später die Wende. Nasa-Administrator Michael Griffin nahm die Reparaturmission wieder ins Programm auf. Die bei der Ankündigung versammelten Wissenschafter bedankten sich mit Standing Ovations.

Auf die Frage, was Hubble zum Teleskop des Volkes machte, greift Helmut Jenkner, Deputy Head der Hubble-Mission, zu einem Bild des Adlernebels: "Bilder wie diese", sagt er und tippt auf das Foto. Ein Wirbel, ähnlich einem Tornado, eindrucksvoll gefärbt, zeigt die Entstehung von Sternen aus einer Wolke aus Gas und Staub.

Seit 25 Jahren arbeitet der Österreicher im Auftrag der Europäischen Weltraumorganisation ESA am Space Telescope Science Institute in Baltimore. 1979 kam er als Astronomie-Postdoc an die Ohio State University und fand dort einen wissenschaftlichen Betrieb vor, der ihm "wesentlich offener und moderner" schien als das damals bisweilen "verknöcherte" akademische Leben an der Universität Wien. Anderthalb Jahre später erhielt er ein Angebot der ESA, das er annahm: "Denn Hubble klang recht interessant."

Das Teleskop wurde zu Jenkners Forschungsleidenschaft. Die Veröffentlichung über den Guide Star Catalog, der unter seiner Leitung entstand, wurde in die Liste der 100 wichtigsten astronomischen Arbeiten des 20. Jahrhunderts aufgenommen.

Am Institut kümmern sich 240 Leute um den wissenschaftlichen Betrieb rund um das Teleskop. Im Gebäude, das an einem dichten Wald neben der Johns Hopkins University liegt, werden Kommandopläne erstellt und Tests für neue Instrumente geplant. Die Umsetzung der Tests, gewissermaßen am Trockendock, geschieht am Goddard Space Flight Center, rund 45 Kilometer südwestlich.

Dem allerersten Plan nach war die Lebensdauer von Hubble auf zehn Jahre anberaumt. Kurz nach dem Start schraubte man die Lebensdauer auf fünfzehn Jahre hinauf, der Austausch von Teilen schaffte neue Perspektiven: "Warum zehn Jahre? Wir können es auch 15, 20, hoffentlich sogar 25 Jahre lang machen", erinnert sich der Forscher an die Anfänge.

"180-Grad-Kehrtwendung"

Auf die Enttäuschung eines falsch geschliffenen Spiegels folgt 1993 der Einbau einer neuen Kamera: "Das bedeutete eine 180-Grad-Kehrtwendung vom Technoturkey zu einem Erfolg", so Jenkner. 18,5 Jahre ist Hubble mittlerweile im Einsatz. Viermal flogen Astronauten zum Teleskop, um fehlerhafte Instrumente zu reparieren, auszutauschen und neue hinzuzufügen. "Solange Hubble wissenschaftlich konkurrenzfähig ist, besteht kein Grund, es abzudrehen", zeigt sich Jenkner überzeugt. 600 bis 700 wissenschaftliche Publikationen entstehen im Zusammenhang mit dem Teleskop pro Jahr, eine Zahl, die weiterhin leicht im Steigen ist.

Wenn alles nach Plan läuft, bricht Atlantis am 12. Mai 2009 zur fünften Servicemission auf. Zwei neue Instrumente sollen eine Runderneuerung bringen: "Hubble wird wesentlich leistungsfähiger sein als je zuvor, mit einem größeren Potenzial für Entdeckungen als je zuvor", jubelt Jenkner.

Die Wide Field Camera III kann ein größeres Feld in kürzerer Zeit und einen erweiterten Wellenlängenbereich beobachten. Der Cosmic Origins Spectograph soll bei der Untersuchung der großräumigen Struktur des Universums helfen. Neben Aufschlüssen über Planeten außerhalb unseres Sonnensystems erhoffen sich Forscher insbesondere auch ein besseres Verständnis von Dunkler Energie, eine abstoßende Kraft, die rund 70 Prozent des Energiegehalts des Universums ausmacht.

"Wenn die Mission gutgeht, erwarten wir mindestens noch weitere fünf Jahre für Hubble", rechnet Jenkner. Ohne weitere Wartung wird es knapp: "Dann könnten wir zwei, drei, vielleicht vier Jahre weitermachen. Der Betrieb wäre mit einer erfolgreichen Servicemission aber nicht vergleichbar."

Insbesondere die Gyroskope, die für die Positionierung verantwortlich sind, bereiten dem Team Kopfzerbrechen. Alle sechs sind für den Austausch vorgesehen, drei sind bereits außer Betrieb. Zwar habe man neue Betriebsarten entwickelt, um den Betrieb gar nur mit einem Gyroskop aufrechtzuerhalten. Langfristig jedoch bedeutet dies Unsicherheit. "In zwei bis fünf Jahren könnten wir alle drei verlieren", so Jenkner.

Ebenfalls zum Austausch vorgesehen sind die Batterien des Teles-kops. Diese zeigten Abnutzung, seien allerdings nicht das vorrangige Problem. Fehler könnten außerdem in der Elektronik der in die Jahre gekommenen Instrumente auftreten.

Angesichts der Pannen und der darauffolgenden Wartungseinsätze bei Hubble wird die Entwicklung des Nachfolgers, des James-Webb-Teleskops, mit Spannung verfolgt. Dessen geplante Position, am zweiten Lagrange-Punkt des Erde-Sonne-Systems, sei "sehr weit draußen", so Jenkner. Weil dies außerhalb der Erreichbarkeit der Space Shuttles liegt, würden Störfälle schwerer ins Gewicht fallen. Eine Art Sonnenschirm kümmert sich bei dem Teleskop um die Kühlung. Dass dieser zusammengefaltet in der Spitze einer Rakete in den Orbit transportiert werden und sich vor Ort entfalten soll, ebenso wie der aus 18 sechseckigen Teilen bestehende Hauptspiegel und die Teleskopstruktur, dürfte noch für Herausforderungen in der Planung sorgen. (Alexandra Riegler/DER STANDARD, Printausgabe, 10.12.2008)