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Michael Landau: "Charity ist der Mehrwert zur fairen Gegenleistung."

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Standard: Wie unterscheidet man "gute" Charity von PR-Events?

Michael Landau: Man braucht kritische Nachdenklichkeit. Helfen ist manchmal eine Kunst - aber es gibt drei Dinge, die gute Charity ausmachen: Erstens die Haltung dahinter. Ernsthaftes Engagement braucht persönliches Interesse. Das Zweite ist die Verhältnismäßigkeit: Es ist keine Charity, wenn es sich nur um zusätzliche Verkaufsanreize handelt oder das Ergebnis in keinem Verhältnis zum Werbewert steht. Das Dritte ist Kontinuität: Gibt es eine Partnerschaft, die für beide Seiten eine Veränderung bewirkt?

Standard: Oft werden in Berichten über Charity-Events Gäste, Firmen und Programm referiert - und zur Sache heißt es lapidar "für den guten Zweck". Sollte das misstrauisch machen?

Landau: Bei guten Partnern besteht ein ehrliches Interesse am Projekt und an den Menschen. Wir stehen deshalb ganz klar nicht für Selbstbeweihräucherung des eigenen Gutseins zur Verfügung. Die Frage lautet immer: Geht es um Eigendarstellung - oder um Menschen, die Hilfe brauchen? Ist der, der Hilfe braucht, Objekt oder Subjekt? Hilfe braucht auch Diskretion: Die Würde der Betroffenen muss gewahrt bleiben. Eine notleidende Familie soll auf der Bühne von der Armut erzählen - und sich beim Firmenchef bedanken? Derlei geht gar nicht.

Standard: Die Alternative heißt, es gibt gar keine Hilfe.

Landau: In Wahrheit ist man zum Teil erpressbar. Aber es gibt auch viele positive Beispiele. Und ich glaube, dass in der aktuellen Situation alles hilfreich ist, was den Grundwasserspiegel der Mitmenschlichkeit und der Solidarität hebt. Da gehört die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden ebenso dazu wie Charity-Events: Gelungene Charities weisen auf Not hin, die es gibt - und sie machen deutlich, dass wir etwas ändern können - und zwar jeder.

Standard: Aber wo ist die Grenze zwischen Hilfe und PR?

Landau: Es ist immer ein Balanceakt. Der Wert einer Veranstaltung kann auch darin bestehen, ein Thema zu positionieren. Es ist nicht immer nur der Euro-Betrag, der zählt. Es gibt da kein Patentrezept. Der Kabarettist Josef Hader hat einmal bei einer Benefizveranstaltung vor vollem Haus gesagt: „Sie haben eine Karte bezahlt. Dafür bekommen Sie ordentliches Kabarett. Nur: Damit haben Sie noch keine Charity-Leistung erbracht - aber Sie können jetzt noch etwas spenden." Charity - das ist der Mehrwert zu dem, was eine faire Gegenleistung wäre.

Standard: Braucht Charity Prominente und die Seitenblicke?

Landau: Es gibt Prominente, die viel tun und keine Presse wollen. Das finde ich beeindruckend. Manchmal gibt es aber auch Fälle, wo das Übermaß an Präsenz für die Person und das Projekt belastend wird: Hilfe braucht nämlich auch hier Diskretion.

Standard: Und wie hart wird die Krise die Spendenszene treffen?

Landau: Der Druck nimmt zu. Wir bekommen Briefe von langjährigen Spendern, die sagen, dass sie die Teuerung so spüren, dass sie nicht mehr spenden können: Oft geben Menschen, die selbst wenig haben, verhältnismäßig am meisten. Wir haben zwar bisher noch keine Zahlen - aber wir müssen mit zehn bis 20 Prozent Rückgang rechnen. (Thomas Rottenberg, DER STANDARD, Printausgabe, 13./14.12.2008)